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Man trägt jetzt Frösche auf der Schulter

■ Auch in Dänemark sind junge Menschen traurig und wissen nicht wie weiter und wohin mit sich: „Portland“, das Debut von Niels Arden Oplev (Wettbewerb)

Große Ereignisse wie die Jahrtausendwende werfen ihre Schatten voraus. Hier „Restauration“, da „12 Monkeys“, und auch „Portland“ besticht nicht durch ausgelassene Heiterkeit.

Der Regisseur Niels Arden Oplev hat seine Geschichte über zwei „end-of-the-line“-Jugendliche in grobkörniges Goldbraun getaucht, was zunächst einmal den Eindruck erweckt, als wolle es gleich zu brennen anfangen. Was es auch tut. Janus und Jakob sind Geschwister, die gegen die Tristesse der dänischen Kleinstadt Aalborg ankämpfen. Der dreiundzwanzigjährige Janus ist gerade aus dem Knast gekommen, wo er sechs Monate wegen Drogenhandels einsaß. In einem ersten Akt der Freiheit überantwortet Janus sein schmuddeliges Ringelshirt den Flammen, doch das ist weder für ihn noch für den bei Pflegeeltern aufgewachsenen Jakob der Ausgang aus der Misere. Beim ersten Kameraschwenk auf Aalborg wird einem klar, warum Janus mit Pillen dealt. Dieses Schauer-Szenario des Elends muß Niels Arden Oplev wohl in Zolas „Germinal“ entdeckt und flugs auf die Neuzeit übertragen haben. Anonyme Wohnsilos, hustende Menschen, häßlich und grau im Gesicht.

„Unsere Menschen sind nicht so“, hieß es im Osten immer, wenn Depression die Realität oder auch nur eine Phantasie von ihr abbildete — wie in diesem Film. Die Musik, lethal metal, kommt direkt aus dem Stahlwerk, und Janus macht dazu im Auto den Headbanger. Dies ist die Post-Nirvana- Generation, nach der kommen wird — nichts Nennenswertes. Janus, Jakob und die Gang benutzen zwar ein Feuerzeug, das aussieht wie ein Revolver, aber ihr Türgong ist genauso albern wie der von der alten pillensüchtigen Frau Hansen. Als Janus und Jakob nachts über die Bahngleise streifen, finden sie einen Selbstmörder. Jakob schafft es nicht, ihn von den Gleisen zerren, und so sehen sie zu, wie der Zug — oder die Zeit — den Mann überrollt. Statt Ratten trägt die Jugend Frösche auf der Schulter — nicht nur ein evolutionärer backlash.

Apropos Jakob — ja, die Bibel ist am Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts wieder modern (haben Sie übrigens schon eine?), die Apokalypse auch — we want it all and we want it now! „Portland“ ist Niels Arden Oplevs erster Spielfilm, und daß ich beim Schreiben immer wieder fehlfreudianisch in „Orplid“ (Wunschinsel) verfiel, will denn auch einiges sagen: Kein Wunder, daß Filme wie „Ein Schweinchen namens Babe“ für den Oscar nominiert werden. Anke Westphal

„Portland“, Dänemark 1995, 103 Min, Regie: Niels Arden Oplev. Mit Anders Wodskou Bertelsen, Michael Müller

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