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150 Kilometer Küste durch Ölpest verseucht

■ Ölpest vor Wales weitet sich aus: Tausende von Seevögeln betroffen, Fischer bangen um ihren Job. Erneute Vorwürfe am Ablauf des Bergungsunternehmens

London (dpa/AFP) – Die vom verunglückten Supertanker „Sea Empress“ ausgelöste Ölpest vor der Küste von Wales hat sich etwa 150 Kilometer weit an den Stränden ausgedehnt. Tausende von Seevögeln blieben nach Angaben von Naturschützern in der klebrigen Masse stecken. Insgesamt 20.000 ölverseuchte Seevögel wurden gezählt. Nach dem Auslaufen von 70.000 Tonnen Rohöl drohe empfindlichen Ökosystemen an vielen Stellen die Zerstörung. In Milford Haven wurde gestern den ganzen Sonntag über Öl aus dem Havaristen in einen zweiten Tanker gepumpt. Das Umladen der im Tanker verbliebenen 55.000 Tonnen Öl wird laut Küstenwache noch Tage in Anspruch nehmen.

Naturschützer sprachen von der schlimmsten Katastrophe seit vielen Jahren. Der Ölteppich sei inzwischen 1.300 Quadratkilometer groß. Vom einzigen britischen Meeres-Naturschutzreservat um die Insel Lundy, 80 Kilometer vom Ort des Tankerunglücks entfernt, wurden vor allem Papageientaucher, Tordalke und Lummen zu Hilfsstationen an Land geflogen. Dort wurden sie gefüttert und gesäubert. „Das ist eine Mammutaufgabe für unsere Helfer“, sagte Joan Edwards von der Naturschutzstiftung der Grafschaft Devon.

„In Milford Haven und Umgebung liegen tote Seevögel, Schalentiere und Würmer in Massen herum“, sagte Edwards. Fast überall an den Stränden watet man knietief in der stinkenden Masse. Gemeindearbeiter versuchen an vielen Stellen, das Öl einzusammeln.

Behauptungen von Sprechern der Fremdenverkehrsorganisation in Wales, daß in zwei Monaten alle Spuren beseitigt seien, wurden vor allem von Naturschützern und Fischern zurückgewiesen. „Wenn aufgeräumt worden ist, ist es mit dem Schaden längst nicht vorbei. Die Verschmutzung wirkt sich langfristig aus“, erklärte ein Sprecher von Greenpeace in Milford Haven. Fischer in Wales fürchten langfristige Auswirkungen. Erste Fänge von Wellhornschnecken wurden schon ins Meer geschüttet. Ausländische Kunden hätten die Abnahmeverträge gekündigt.

Während die von Verkehrsminister George Young angekündigte Untersuchung der Katastrophe in Gang kam, wurde erneut Kritik am Ablauf der Bergungsaktion. Der Labour-Abgeordnete Nicholas Aigner berichtete, daß Lotsen nach dem ersten Auflaufen drei Mal gefordert hatten, das Schiff vor weiteren Stürmen weiter aufs Meer zu schleppen, um Schäden zu vermeiden. Bergungsexperten und Beamte hätten dies jedesmal abgelehnt. Erst danach lief der Tanker so schwer auf die Felsen, daß der größte Teil seiner Ladung ins Meer floß.

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