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Aus'm Mist gerauscht

■ Beim Pokalhalbfinal-1:0 über Leverkusen registriert Kaiserslauterns Trainer erleichtert die Rückkehr des Glücks

Kaiserslautern (taz) – Die enorme Anspannung der vorangegangenen Tage war FCK-Trainer Friedel Rausch auch nach dem Spiel gegen Leverkusen noch deutlich anzusehen. Kein Wunder: Vom „Endspiel“ war geschrieben worden und daß es für ihn bei einer Niederlage noch ungemütlicher werde. Auf der Tribüne saß zudem auch noch das Lauterer Trainer- Denkmal Karl-Heinz Feldkamp, der bereits mit Hans-Peter Briegel im Schlepptau als Sportlicher Direktor bei den Pfälzern gehandelt worden war. „Alles Spekulation!“ hatte zwar FCK-Präsident Norbert Thines abgewehrt, der bekanntlich nicht zu überstürzten Entschlüssen neigt. Doch etwas war schon dran gewesen, zumal dem 1. FCK in der Bundesliga unbestreitbar das Wasser bis zum Halse steht.

Jedenfalls war Friedel Rausch in einer unangenehmen Lage, der unangenehmsten seit seinem Amtsantritt in der Pfalz – und das ausgerechnet an dem Tag, der auch noch sein 56. Geburtstag war. Noch am vergangenen Freitag nach dem 0:0 gegen den FC St. Pauli waren er und Manager Rainer Geye zum Teufel gewünscht worden, und bei einer Pleite gegen die Mannschaft von Erich Ribbeck wäre wohl gar nichts mehr auszuschließen gewesen – Entlassung, Beurlaubung, Rücktritt...

„Das war's dann, ich gehe jetzt nach Hause und feiere Geburtstag mit meiner Frau!“ So hätte man sich Rauschs Statement zum Abschied denken können, wären Rudi Völler und Ulf Kirsten bei einem ihrer zahlreichen Versuche, das Spiel zu drehen, erfolgreich gewesen. So aber, nach dem verdienten, aber bis zur letzten Minute wackligen 1:0 mußte sich Rausch auch noch den deplazierten Spott des schlechten Verlierers Erich Ribbeck anhören. Der sprach nach den beiden 0:1-Niederlagen in Kaiserslautern in Meisterschaft und Pokal innerhalb von zehn Wochen von zwei „nicht verdienten Niederlagen“ und rühmte seine Rolle als Retter des Kollegen Rausch.

Der Gerettete nahm es mit Humor und konterte: „Ich bin den letzten Wochen genug durch den Mist gegangen und froh, daß wir heute mal Glück hatten.“ Die Rückkehr des Glücks! War das etwa die Wiedergeburt des Betzenberg-Zampanos Rausch? Dort, auf dem Berg, war dieses Mal alles anders als noch wenige Tage zuvor. Den Wirbel um den abwesenden brasilianischen Spielmacher Arilson hatten die Mitspieler erstaunlich schnell verkraftet.

Das zuletzt launisch gewordene Publikum empfing alle Spieler mit Beifall. Und ließ sich im Fall des ungeliebten Claus-Dieter Wollitz gar zu Sprechgesängen hinreißen. Nach jeweils zwei Chancen auf beiden Seiten geriet der Fußball erst mal in den Hintergrund. Paulo Sergios Tritt in Oliver Schäfers Hoden zog die rote Karte für den Brasilianer nach sich. Den Beweis, daß auch die Lauterer hinlangen können, führte Mario Kern, der gleich zweimal rustikal einstieg.

Fast hatten sich die 34.000 damit abgefunden, daß die Lauterer dieser Tage zwar pausenlos angreifen, aber keine Tore erzielen, da kam der im Mittelfeld schwer gefrustete Miroslav Kadlec, drehte sich um die eigene Achse und schoß das 1:0. Den Ball hatte Christian Wörns unhaltbar für seinen Torhüter Dirk Heinen abgefälscht.

Als Erich Ribbeck Mitte der zweiten Halbzeit offensiver werden mußte, Hans-Peter Lehnhoff und Markus Feldhoff einwechselte, geriet der 1. FCK zwar unter Druck, aber die Abwehr hielt. Die wurde von Andreas Brehme, der darüberhinaus vorne einmal den Pfosten traf, bestens organisiert.

Somit haben die Pfälzer nun zwei Gründe, sich zu freuen. Erstens: Der 1. FCK fährt am 25. Mai nach Berlin! Zweitens: Er fährt mit Arilson! Wenn das kein Grund zur Euphorie ist! Moment: Ist Euphorie derzeit angebracht? Eher nicht. Also tritt der gerade noch rechtzeitig zum Spiel aus Brasilien zurückgekehrte Rainer Geye auf die Bremse. Am Samstag muß man zum VfB Stuttgart. Und daher, sagt der Manager, „kommt es darauf an, diese Leistung für die kommenden Spiele zu konservieren.“

In Argentinien bei der Olympia-Qualifikation hat er sich einige Spiele angesehen und dabei „interessante Spieler für alle Positionen“ ausgemacht. Doch die werden nur dann ein Thema auf dem Betzenberg sein, wenn der 1. FCK seine Pokalform bewahrt – und als Gründungsmitglied der Bundesliga auch im 34. Jahr angehören wird. Vielleicht sieht bis dahin auch Friedel Rausch wieder ein bißchen besser aus. Günter Rohrbacher-List

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