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Durch die Vorhölle zum Bild

■ Kleine Werkschau des Malers Günther Förg im Kunstverein

Der Kunstverein stellt mal wieder einen Maler aus, aber einfacher wird der Anspruch des Hauses dadurch nicht: Der Künstler Günther Förg steht in einem komplexen Theorie-Feld über die Möglichkeit des Malens nach dem „Ende der Malerei“. Zurückgezogen in einer Schweizer Villa kultiviert der international anerkannte Künstler ein Leben zwischen Dandytum und konsequenter Weiterarbeit am Projekt der Moderne.

In Malerei und Fotografie bezieht er seine Arbeit immer auf die Architektur. Was da wie ein längst gesehenes konkretes Bild daherkommt oder wie ein heimlich faszinierter Schnappschuß faschistischer Architektur, ist bei allem Mut zur unabweisbaren Präsenz durch die Vorhölle kompletter Aneignung der Moderne gegangen: Informel und Konstruktivismus, Minimal-Kunst und amerikanische Farbfeldmalerei hat der 1952 geborene Künstler in den Siebziger Jahren allesamt ausführlich rezipiert. Der Umgang mit diesem Erbe ist so selbstverständlich, daß Förgs Arbeit mitunter wie schnödes Recycling erscheint. Doch seine Kunst ist nicht Zitat: Sie hat überall eine subjektive, biografische Aufladung. Förg legt stets besonderen Wert auf die Gestaltung der Ausstellungsräume. Hier im Kunstverein wurde in die obere Halle eigens ein Pavillon eingebaut. Der Einbau wird auch für die nächsten Ausstellungen erhalten bleiben.

An den nun neu gewonnenen langen Außenwänden hängt jetzt eine kleine retrospektive Werkschau der letzten Jahre: monochrome Bilder, großformatige Fotografien und geometrische Farbfeldkompositionen auf Holz, Leinwand und Blei reihen sich in ergänzendem Widerspruch unterschiedlicher Aspekte.

Dabei beziehen oft noch immer als fremd empfundene Methoden der Bilderzeugung direkte Nachbarschaft. Ein Foto mit dem Blick aus einem Museumsfenster direkt neben einer beigen Farbform auf Bleigrund macht noch deutlicher als sonst die Malerei zum Fensterblick und das Foto zur Farboberfläche. Schnelle Einordnung greift immer zu kurz, hier aber besonders. Neben dem Großfoto des Kriegsschiffs „Puglia“, das im Garten des von Mussolini geadelten Dichters und Kriegshelden Gabriele d'Annunzio wiederaufgebaut wurde, hängt formatgleich ein Spiegel. Und nicht nur der zeigt Reflexionen. Wenn ein Künstler die rationalistischen Formen auch hinter dem faschistischen Mißbrauch wiederfindet (bis hin zum unterstellten Verlust der kritischen Distanz) und konkrete Malerei in Bauhausnachfolge auf Architektur bezieht (bis hin zum dekorativen Design von Treppenhäusern wie in Frankfurt), gerade dann verlangt seine differenzierte Position mehr als vorübergehende Aufmerksamkeit.

Auch die im doppelten Innenraum des Pavillons gezeigten siebzig dunklen Gouachen, scheinbar alle gleich wie gewischte Kreide auf einer Schultafel anmutend, stellen nochmals die Frage nach der Möglichkeit der Malerei an der Jahrtausendwende. In einem Prozeß der Entschleunigung muß sich der Betrachter auf minimale Differenzen einlassen und auf das Spiel zwischen Selbstverweis (Farbe auf Fläche) und einem vorgestellten vagen Objektbezug (Blick aus dem Bildfenster auf ein Etwas in der Welt) eingehen. Hajo Schiff Kunstverein, Klosterwall 23, Eröffnung heute, 19 Uhr, bis 5.Mai.

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