: Im Bann der Bannmeile
Bei der Eröffnung der Galeries Lafayette war Sicherheit großgeschrieben. Die von der Polizei befürchteten Störungen blieben aus ■ Von Barbara Bollwahn
Große Erleichterung gestern bei der Polizei: Kein Pflasterstein, nicht mal ein Kieselchen hat der riesigen Glasfront der neueröffneten Galeries Lafayette auch nur ein Kratzerchen zugefügt. Einem Flugblatt aus der autonomen Szene, das die Polizei in höchste Alarmbereitschaft versetzt hatte, ist es zu verdanken, daß die Friedrichstraße am Mittwoch abend einem Bannmeilen-Epizentrum glich: Geschlossene Tore vor der U-Bahnstation Französische Straße sollten jegliche Gefahr aus dem Untergrund ausschließen. Auch das gegenüberliegende Kino hatte seinen Betrieb eingestellt.
Polizisten auf den Dächern wachten über ihre Kollegen, die für menschenleere Quer- und Seitenstraßen rund um den Glaspalast sorgten. Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer, die nicht im Besitz einer offiziellen Einladung waren, mußten das Gebiet weiträumig umfahren. Noch toter als sonst lag die Friedrichstraße da an diesem Abend.
Doch gestern morgen, als sich die Tore für die Kundschaft öffneten, war der Bann der Bannmeile gebrochen. Bemerkenswert waren einzig die Menschenmassen, die aus der U-Bahn hervorquollen und die immer noch zahlreichen Polizisten wie einsame Rufer in der Wüste erscheinen ließen. Rote Ampeln wurden nonchalant ignoriert.
„Jetzt ist es sehr schwer, eventueller Täter von vornherein habhaft zu werden“, sagte ein Polizeisprecher. „Gegen einen Angriff mit Buttersäure ist man nicht gefeit“, so der Sprecher. Schließlich könne man ja keine Leibesvisitationen durchführen.
Um eventuelle Zwischenfälle auszuschalten, trieben Hunderte von Beamten, die inmitten der Menschenmengen leicht an ihren Plastikknöpfchen im Ohr auszumachen waren, zwischen Modepuppen und Krawattenständern ihr ziviles Unwesen. Wie lange die Galeries Lafayette noch von Wannen umstellt sein werden, wollte die Polizei aus taktischen Gründen nicht verraten.
Doch mit Hinweis auf die hohen Kosten sei ein baldiges Ende abzusehen. Einziges Vorkommnis am Mittwoch abend: zwischen 19.11 Uhr und 19.49 Uhr fiel ein Transformator im Umspannwerk in der Jägerstraße aus. Doch da das Notstromaggregat sofort ansprang, ging das Licht im Glaspalast nicht aus. Sowohl Bewag als auch die Polizei gehen von einem technischen Defekt aus.
Der nicht entstandene äußere Schaden könnte sich am Abend des ersten Einkaufstages jedoch im Inneren des Kaufhauses zeigen. Tausende von Berlinern und Touristen drängelten sich ohne Rücksicht auf Verluste in dem gläsernen Konsumtempel. Die zwei Arbeiter, die den roten Teppich vom Eröffnungsabend im Eingangsbereich zusammenrollen wollten, hatten einen der härtesten Jobs. Auf allen Vieren krochen sie zwischen den einkaufswütigen Leibern hindurch. Ungehört verhallte ihr Flehen um etwas Platz.
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