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Politiker suchen Geld für Vulkan in mehreren Töpfen

■ Schwere Vorwürfe aus Schwerin gegen Treuhand und ihre Nachfolgerin BvS

Berlin (taz) – Ohne eine Genehmigung aus Brüssel kann kein weiteres Geld aus der Staatskasse an die Vulkan-Werften in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen überwiesen werden. Gestern erlaubte die EU-Kommission nun zunächst einmal neue Bürgschaften der Bundesregierung für fest bestellte Schiffe. Jeder Fall muß aber einzeln angezeigt und begründet werden.

Doch Detlef Lindemann, Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern, fordert mehr: „Wir wollen die 850 Millionen, die vertragswidrig in den Westen geflossen sind, zurückhaben. Die soll uns der Kanzler – am besten morgen schon – auf den Tisch legen.“

Zur Zeit werden mehrere Möglichkeiten diskutiert, wie das überlebensnotwendige Geld an die Nord- und Ostseeküste kommen kann. Im Wirtschaftsministerium von Günter Rexrodt prüfen die Juristen die Möglichkeit, viele Millionen aus dem Topf für Gemeinschaftsaufgaben zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur abzuzweigen. Im Haushalt 1996 sind für den Westen insgesamt 350 Millionen und für den Osten 3.250 Millionen Mark unter diesem Posten verzeichnet. Voraussetzungen dafür, daß das Geld fließt, sind ein entsprechender Antrag aus dem betroffenen Land und die Zustimmung der anderen Bundesländer. Wirtschaftsprofessor Rudi Hickel von der Uni Bremen hält dieses Instrument allerdings nicht für schnell einsetzbar: „Die Förderungskriterien sind andere, und sie lassen sich nicht über Nacht ändern.“

Eine zweite Möglichkeit sind Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104a des Grundgesetzes zur „Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“. Hierauf hoffen vor allem auch die Weststandorte, die ansonsten wesentlich schlechtere Karten haben; schließlich beruht die Krise in Bremen auf Mißmanagement und dem mangelnden Strukturwandel in den letzten beiden Jahrzehnten, während die beiden ostdeutschen Vulkan-Töchter offenbar schlichtweg vom eigenen Konzern betrogen wurden. Doch weil ohne die Vulkan-Werften in Bremerhaven 30 Prozent ohne Job wären, plädierte Bremens Bürgermeister Henning Scherf am Mittwoch im Bundestag für eine Gewährung von 104a-Mitteln auch für sein Land.

Schließlich gibt es auch noch EU-Töpfe für strukturschwache Regionen. Günter Rexrodt versprach zu versuchen, sie anzuzapfen.

Natürlich könnten die betroffenen Länder ihre Betriebe auch durch weitere Bürgschaften stützen – was bei einem Zusammenbruch der Firmen aber extrem teuer käme. „Wir haben schon Schiffsfinanzierungsbürgschaften im Haushalt 1996. Andere, darüber hinausgehende Möglichkeiten sehen wir nicht“, sagte Lindemann gestern.

Unterdessen hat die Landesregierung in Schwerin Jürgen Krackow zurück ins Land geholt. Er hatte kurz nach der Wende das Kombinat Schiffbau mit rund 50.000 Beschäftigten in kleinere Betriebseinheiten zerlegt und ein Sanierungskonzept für die mecklenburgischen Werften erarbeitet. Doch die Treuhand hatte auf schnelle Privatisierung gesetzt. Vor allem der damalige Bundesverkehrsminister Günther Krause, der in Mecklenburg-Vorpommern auch Landesvorsitzender der CDU war, drängte auf eine große Verbundlösung unter dem Dach des Bremer Vulkan. Ministerpräsident Alfred Gomolka, der das gleiche Parteibuch wie Krause im Schrank hatte, befürwortete hingegen die Suche nach mehreren internationalen Investoren. Doch die Treuhand-Chefin Birgit Breuel unterstützte Krause.

„Unterm Hintern weg hat die Treuhand damals die Betriebe privatisiert“, so beschreibt Lindemann die Situation. Das Sanierungskonzept von Jürgen Krackow hatte noch überhaupt nicht greifen können. Jetzt soll der Mann sich erneut um die einstigen Kombinatsbetriebe kümmern. „Wenn wir 10.000 Arbeitsplätze retten können, ist das viel“, so der Sprecher des Wirtschaftsministers.

Doch die Kritik aus Schwerin bleibt nicht bei den Ereignissen von 1992 stehen. Immer wieder habe sein Minister die Treuhand- Nachfolgegesellschaft BvS (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) darauf hingewiesen, daß es beim Großinvestor Bremer Vulkan offenbar zu einer wirtschaftlichen Schieflage gekommen sei, sagt Lindemann. Doch der BvS-Vorstandsmann Bohn habe noch am 20. Dezember erklärt, alles sei okay. Ringstorff solle dem Vulkan durch derartige Spekulationen nicht schaden. Annette Jensen

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