: Aus dem Amt getrieben
■ Pullachs Skandale kleben nun an BND-Chef Porzner
Die Bonner Politik ist um ein weiteres Bauernopfer reicher. Weder der Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer noch der Kanzleramtsminister Friedrich Bohl werden in die Wüste geschickt. Statt dessen tritt der frustrierte Chef des Bundesnachrichtendienstes die Flucht in den einstweiligen Ruhestand an. Ob er will oder nicht, Porzner wird nun die politische Verantwortung für die gesammelten jüngsten Skandale des Pullacher Dienstes aufgebürdet.
Denn eine alte Regel besagt: Wer geht, war schuldig. Dabei verhält sich der Sachverhalt genau umgekehrt. Der 61jährige Sozialdemokrat Porzner harrt nur deshalb an der Spitze der Schlapphüte aus, weil sein Rückzug aus dem Amt einem Schuldeingeständnis des BND in der hochbrisanten Plutoniumaffäre gleichkäme.
Die Fäden zog im Hintergrund wieder einmal Schmidbauer. Erst rührte der Kanzlergetreue die Malaise um den Plutoniumschmuggel so richtig an. Dann demontierte er – wegen der Schmuggelei schwer in der Kritik – den Pullacher Geheimdienstchef in Personalfragen. Schmidbauer untersagte Porzner, notwendige Konsequenzen aus dem Fehlverhalten seiner Mitarbeiter zu ziehen. Der BND-Präsident gibt schließlich entnervt auf – das Bauernopfer ist gebracht, die Schuldzuweisung weitergeschoben.
Ganz nebenbei entledigt sich Schmidbauer auch eines ihm unbequemen Zeitgenossen. Zum Zerwürfnis zwischen dem BND-Chef und seinem Aufseher kam es bereits im Oktober 1993. Damals empfing Schmidbauer den iranischen Geheimdienstchef Ali Fallahian. Der zum Treff geladene BND-Präsident meldete sich krank. Porzner wollte Schmidbauers Angebot an den Iraner, im Berliner Mykonos- Prozeß wegen der Ermordung kurdisch-iranischer Oppositioneller eine politische Schadensbegrenzung zu arrangieren, nicht mittragen. Denn Fallahian steht im Verdacht, der Auftraggeber für die Morde in Berlin gewesen zu sein.
Konrad Porzner zieht sich jetzt verbittert aufs Altenteil zurück. Der Mann könnte nun zusammen mit dem ehemaligen BKA-Präsidenten Hans-Ludwig Zachert eine Selbsthilfegruppe für Mobbing-Geschädigte gründen. Der wurde erst vor vier Wochen von Innenminister Kanther aus seinem Amt gedrängt. Wolfgang Gast
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