piwik no script img

■ Im ICE nach Interlaken: Wie geht's am billigsten?Jedenfalls nicht bei Vollmond

„Alle reden vom Mondscheintarif – wir nicht“, könnte der neueste Werbeslogan der Deutschen Bahn AG heißen. Denn wie die Telekom ist sie ein gutes deutsches Staatsunternehmen. „Tarife-Wirrwarr – das können wir schon längst“, hat wohl der Chef der Planungsabteilung „Preise“ – nach Erhöhung derselben pünktlich zum Jahresanfang – noch eins draufgesetzt. 200 Mark und ein paar Zerquetschte, dasselbe noch einmal für die Rückfahrt wollen die jetzt für meine Fahrt im ICE von Berlin nach Interlaken. Geht das denn nicht ein bißchen billiger?

Aufschluß über diese lebenswichtige Sparfrage verspricht mir die brandaktuelle Broschüre „Bahnangebote“ und gibt sich zunächst ganz übersichtlich: Grundpreise, allgemeine Angebote und Zusatzinformationen. Dann allerdings wird's kompliziert durch die irgendwie stigmatisierende Einteilung der Bahnfahrer in Geschäftsreisende, Berufspendler, Kinder, Jugendliche, Senioren, Familien und Gruppen. Bevor man in einen Zug steigt, muß man sich also zunächst einmal darüber klar werden, wer oder was man eigentlich ist, wie viele und warum.

Interlaken kommt in der Broschüre leider nicht vor. Immerhin informiert mich die Rubrik „ICE- Super-Sparpreis“ über einen günstigen Pauschalpreis für Hin- und Rückreise . Natürlich hat die Sache einen Haken: „Nicht gültig von Freitagmorgen 10 Uhr bis Samstagmorgen 3 Uhr, und Sonntagmorgen 10 Uhr bis Montagmorgen 3 Uhr. Macht mir gar nichts. Um drei Uhr früh will ich sowieso nicht im Zug sitzen. Da ist doch jetzt der günstigste Zeitpunkt zum Telefonieren.

Der nächste Haken: „Das Angebot gilt nicht am 6.1., vom 4.4. bis 8.4., 25.5. ...“ Schade eigentlich. Aber am 6. Januar sind schließlich die Heiligen Drei Könige mit an Bord, und am 4. April ist Vollmond. Vollmondscheintarif fällt also flach, aber zu Ostern wäre ich schon ganz gern ... Die Bedingungen des Super-Sparpreises sind übrigens die gleichen wie beim Sparpeis. Auch der ist günstig und hin und zurück. Und wenn man am Wochenende reist, kann man sogar am selben Tag wieder nach Hause fahren, falls einem am Zielort irgendwas nicht paßt.

Bliebe noch die Frage nach der Sitzplatzreservierung. Die kostet jetzt ein „Entgelt“, wie die privatisierte Sprachregelung heißt. Am Entgelt kommt man nur mit einer Reisegruppe vorbei, und die ist bekanntlich auch Nervensache. Reservieren kostet entweder drei oder neun Mark; das hängt irgendwie davon ab, ob man schon einen Fahrschein hat oder gerade erst einen kauft. Außerdem scheint es wichtig zu sein, daß man den Fahrschein vorlegt. Und wenn man für die Rückfahrt reservieren will, ist es preiswerter, wenn man auch den Hinfahrschein vorlegt. Seltsam. Ich finde allerdings, daß die Bahn von der Post noch etwas lernen könnte. Wieso zahlt der Dicke dort eigentlich genauso viel wie ich, obwohl er doppelt so viel wiegt, von Standardmaßen ganz zu schweigen? Und wieso zahlt der kleine Hund nichts, obwohl er schon über vier Jahre alt ist?

Letzte Möglichkeit: Ich lege mir eine Bahn-Card zu, dann kostet es nur noch ... Hatte ich mir ganz locker vorgestellt, mal eben 'ne Bahn- Card geholt, und schon geht's los. Denkste. Das Antragsformular verspricht mir zwar die „bessere“ Bahn-Card, erscheint allerdings unüberwindbar. „Mit oder ohne Kreditkarte?“ Wenn man ohne möchte, muß man „bei ,oder‘ ankreuzen“. Nur noch Paßfoto drauf und abgeben. Die Bahn-Card bekomme ich nun schon in fünf oder sechs Wochen zugeschickt; bis dahin habe ich eine vorläufige. Die gilt nur bis zum 15. April '96 – und wahrscheinlich nicht bei Vollmond. Katrin Schröder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen