: Alles Treuhand-Pleite
■ Ringsdorff: Treuhand für Mißerfolge in Ostdeutschland verantwortlich
Berlin (taz/AP/dpa) – Jede Woche geht eine Treuhand-Firma den Bach herunter, schimpft man im Schweriner Wirtschaftministerium schon länger. Jetzt hat sich Minister Harald Ringstorff (SPD) selbst die Kritik zu eigen gemacht und die Treuhand-Nachfolgerin, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), direkt angeschossen.
Die Arbeit der Treuhand in Ostdeutschland zeige eine „Bilanz des Mißerfolgs“. Hinter der Debatte um die Zukunft der Werften seinen die vielen anderen kleinen Vulkane vergessen worden, die es zu löschen gelte. 16 der 31 wichtigsten Industrieunternehmen in seinem Land seien akut gefährdet oder schon pleite. 10.000 Industriearbeitsplätze seien gefährdet oder schon verloren. Von einem Erfolg des Aufbau Ost zu sprechen, komme bei dieser Bilanz einer Verhöhnung der Bevölkerung gleich.
Die BvS wies die Vorwürfe Ringstorffs gestern zurück. Der Privatisierungsprozeß in Ostdeutschland sei von den Landesregierungen umfassend begleitet worden. Bei einem Besuch des BvS-Vorstandes am 20. Oktober 1995 bei der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns seien weder eine Analyse der Vulkan- Verbund-Problemfälle noch ein Bericht darüber angesprochen worden. Die BvS hält die von der Treuhand privatisierten Unternehmen auch in Mecklenburg- Vorpommen für die Basis des wirtschaftlichen Aufbaus. Bei den 1.300 Privatisierungsverträgen in dem Bundesland seien Arbeitsplatzzusagen für 65.000 Beschäftigte sowie Investitionszusagen von mehr als sechs Milliarden Mark festgeschrieben worden. Von den Investitionen sei bis Ende 1995 die Hälfte realisiert. In 133 Fällen habe es Probleme gegeben.
Die Landesregierung in Schwerin hingegen habe noch nicht einmal 30 Prozent der 65 Millionen Mark aus dem Konsolidierungsprogramm für privatisierte und reprivatisierte Unternehmen ausgeschöpft.
Unterdessen haben die Banken dem Bremer Vulkan zur Sicherung der Liquidität Kredite über rund 80 Millionen Mark eingeräumt. Der Werftenverbund in seiner jetzigen Form wird nach Ansicht von Vulkan-Vergleichsverwalter Jobst Wellensiek jedoch auseinanderbrechen. Der Vulkan werde die Anteile an den Ostwerften aufgeben, die Schulden müßten ausgehandelt werden. Unterdessen wurde am Dienstag ein Hilfsprogramm für die Bremer Vulkan- Lieferanten beschlossen.
Die Forderungen der Ostwerften an die Muttergesellschaft über 850 Millionen Mark bestünden zu Recht, sagte Wellensiek. „Doch zahlen kann ich sie nicht.“ Weiter erklärte der Vergleichsverwalter, für die ostdeutschen Werften des größten deutschen Werftenverbundes bevorzuge er deren Verselbständigung anstelle einer erneuten Treuhand-Lösung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen