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Ein gewalttätiger Soundtrack für Horrorfreunde

■ Nach dem Cup-Sieger-2:2 zwischen Gladbach und Rotterdam verabschieden sich randalierende Brutalo-Fußballfeinde mit einem Versprechen: Fortsetzung folgt

Düsseldorf (taz) – Der kahlrasierte Skin mit der blutenden Schläfe machte all jenen, die nach Königsallee-Shopping wohlgelaunt die U-Bahn nach Hause bestiegen, den Ernst der Sache klar. Das war kein normales Fußballspiel, das sich am Abend im Düsseldorfer Rheinstadion ereignen sollte, kein ordinäres Europacup- Match ums Erreichen des Halbfinales. Den rechten Arm gereckt, schwor der Knabe mit dem lichten Haar ewige Rache und gerechten Krieg. Schließlich hieß es Mönchengladbach gegen Rotterdam, Bundesrepublik gegen Niederlande. Und so was sind für Jungs seines Schlages Großkampftage.

Die Krefelder Innenstadt hatte die niederländische Fraktion noch im Alleingang verwüstet, in Düsseldorf gesellte sich ihr schwarz- rot-goldenes Pendant dazu. Zerberstendes Glas, Haßgesänge, Sieg Heil! und Notarztwagen – es war ein Soundtrack für Horrorfreunde.

Die Kicker ließen sich von der aufgeheizten Atmosphäre glücklicherweise nicht anstecken. Zwar nahmen die Trainer Bernd Krauss hüben und Arie Haan drüben Schneider bzw. Heus vorzeitig vom Feld, um die gelbbestraften Aufpasser von Larsson bzw. Effenberg nicht auch noch rot sehen zu lassen, zwar pfiff Schiri Laszlo Vagner nach dummen Strafraumfouls von Boateng und Kamps für jede Seite einmal Elfmeter – doch insgesamt ging es beim 2:2 beinahe freundschaftlich zu.

Das Problem der Borussia war: Als Dahlin schon nach zwei Minuten aus dem Spiel humpelte, war der Angriff des deutschen Pokalsiegers nahezu verwaist. Herrlich in Dortmund, Huiberts verletzt, Pettersson gesperrt – Spitze in diesem richtungweisenden Spiel mußten notgedrungen Mittelfeldrackerer Nielsen und Flügelflitzer Sternkopf spielen. Ein aussichtsloses Unterfangen – die beiden haben zusammen in 214 Bundesligaspielen ganze 13 Tore geschossen.

Also mußten Wynhoff mit einem Sonntagsschuß und Kastenmaier per Strafstoß in die Bresche springen. Genutzt hat es wenig: Auch die Gäste von der Maas setzten das Leder zweimal in die Maschen. Und hätten den Platz auch als Sieger verlassen können, da sie die bessere Spielanlage vorzuweisen, einen Pfostentreffer zu beklagen und mit den Rastamännern Larsson und Taument die besten Spieler der Partie auf ihrer Seite hatten. Das aber wollten sie ganz offensichtlich nicht. „Zwei Tore auswärts, das ist genug“, hatte Arie Haan seinen Kämpfern bereits in der Pause eingebleut.

Dem Skin mit der eingedetschten Birne und all den andern, die mal wieder ordentlich gerauft hatten, waren das Endergebnis, die tollen Perspektiven Feyenoords und die trüben Aussichten Borussias, das europäische Pokalsieger- Halbfinale zu erreichen, hingegen scheißegal. Sie zählten vielmehr ihre Wunden und ihre Verluste und verabschiedeten sich mit haßerfüllten Gesichtern, aber freundlichen Worten voneinander: „In zwei Wochen geht's weiter ...“ Holger Jenrich

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