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: Zwang zum Fensterln

Fernsehsender, die auf einen Marktanteil von mindestens 10 Prozent kommen, sollen künftig „zur Abgabe von Sendezeit an unabhängige Dritte“ verpflichtet werden. Auf eine solche Regelung im künftigen Rundfunkstaatsvertrag haben sich die Ministerpräsidenten der Länder geeinigt (siehe taz vom Samstag). Für RTL und Sat.1 existieren solche Regelungen heute schon. Auf deren Kanälen hat vor allem die Firma dctp des Filmemachers Alexander Kluge eine eigene Lizenz für Informationsprogramme (Spiegel TV, Stern TV etc.). Doch eins haben die Ministerpräsidenten bislang nicht geklärt: ob solche „Fensterprogramme“ künftig unabhängige Lizenzen erhalten. Während Schleswig-Holsteins Staatskanzlei davon ausgeht, interpretiert Sachsens Regierungssprecher Michael Sagurna die Einigung anders: Danach dürfen sich die Sender das zu ihnen passende Fenster selber aussuchen.

Kluge jedenfalls, dessen Lizenz in zwei Jahren ausläuft, dürfte sich für den Unterschied interessieren. Schließlich nennt RTL-Chef Helmut Thoma ihn einen „Parasiten“ und versucht seit langem, ihn mit seinen Informationsprogrammen auf nachtschlafende Zeiten zu verschieben. Gegen die Fensterregel haben prompt die privaten Fernsehveranstalter protestiert. Helmut Thoma nannte sie „elektronische Wegelagerei“, der Sprecher des einschlägigen Verbandes (VPRT) eine „absurde Verpflichtung“. Und Torsten Rossmann, dem Sprecher desjenigen Senders, der bei 9,6 Prozent Marktanteil liegt, fiel nur der Begriff „Lex Pro 7“ ein.

Bertelsmann-Sprecher Manfred Harnischfeger nannte den Länderkompromiß insgesamt eine „erträgliche Lösung“. Die Zwangsabgabe von Sendezeit sei zwar „eine bittere Pille“. Doch dafür findet er eine andere Regelung „positiv“: Künftig muß ein Sender nicht mehr mehreren Eigentümern gemeinsam gehören. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Thomas Kleist, zeigte sich aus einem anderen Grund skeptisch: Er habe Zweifel, ob man der effektiven Kontrolle der Medienkonzentration einen wesentlichen Schritt nähergekommen sei.MR