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„Die Renten sind grundsätzlich sicher“

■ Franz Ruland, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, geht davon aus, daß die Rentenbeiträge auf 20 Prozent vom Bruttolohn steigen werden

taz: Das Kabinett hat gerade den Gesetzentwurf zur Frührente beschlossen. Wie groß ist die Entlastung für die Rentenkassen?

Franz Ruland: Wir gehen davon aus, daß das Gesetz ab 1999 Einsparungen von 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte bringt, trotz der 740.000 Menschen, die noch unter die alte Regelung fallen. Das sind bis zu 4,5 Milliarden Mark im Jahr.

Können Sie ausschließen, daß die Rentenbeiträge nicht über 20 Prozent steigen werden?

Wie hoch die Beiträge tatsächlich sein werden, wissen wir erst im Herbst, dann haben wir sichere Erkenntnisse über das Jahr 1996 und können besser einschätzen, wie 1997 laufen wird.

Aber mit 20 Prozent muß man rechnen?

Ich gehe davon aus.

Beunruhigt Sie diese Steigerung? Schließlich hat das Prognos-Institut erst für 2000 eine solche Erhöhung vorausgesagt.

Das ist richtig. Langfristig sind wir aber im Plan. Wir müssen 1997 erhöhen, weil der Beitragssatz für 1996 zu niedrig angesetzt wurde.

Müssen wir mit weiteren Steigerungen rechnen?

Nach unserer jetzigen Berechnung wird der Beitragssatz 1998 etwas sinken, 1999 wieder etwas ansteigen. Im Jahr 2000 werden wir dann wieder bei den 20 Prozent sein.

Muß da nicht das jetzige Rentensystem komplett in Frage gestellt werden?

Mich beunruhigt die Entwicklung natürlich auch. Die hohen Lohnnebenkosten sind auch ein entscheidender Faktor für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Andererseits: Eine Gesellschaft, die Leute erst mit 25 Jahren ins Erwerbsleben eintreten läßt und mit 55 Jahren wieder rausdrängt, und das bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren, darf sich über steigende Beiträge nicht beklagen. Das System der Rentenversicherung ist richtig, aber derzeit überbeansprucht.

Die Frührentenreform wirkt erst mittelfristig. Was kann kurzfristig getan werden?

Die Möglichkeiten sind begrenzt. Jeder Eingriff in das Leistungsrecht braucht eine gewisse Vorlaufzeit, bevor er wirkt. Aber bei den versicherungsfremden Leistungen könnte der Bund sofort für Entlastung sorgen. Es ist zum Beispiel nicht einzusehen, daß nur die Sozialversicherten für NS- oder SED-Unrecht aufkommen sollen und die Beamten und Selbständigen ausgeklammert sind.

Wie sicher sind die Renten für jüngere Beitragszahler, etwa die Generation ab Mitte 30?

Die Renten sind grundsätzlich gesichert. Wer heute Durchschnittsbeiträge zahlt, bekommt dafür pro Jahr einen Entgeltpunkt. Dieser hat derzeit einen Kurswert von 46,23 Mark. Wer diesen Beitrag 45 Jahre lang gezahlt hat, bekommt eine Rente von 2.080 Mark. Die Summe dieser Anteile garantieren wir. Was wir nicht garantieren können, ist, wie der Kurswert sich verändert. Das kann aber auch kein anderes Versicherungssystem. Interview: Karin Nink

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