: Iran und der Druck von außen
■ Was bringt ein Boykott? Regimekritiker sind uneis
Entspannt sitzt Ali Akbar Haschemi Rafsandschani auf einem Stuhl im Stil Louis XIV, vor ihm ein Blumengesteck. „Wir verurteilen prinzipiell jede Form des Terrorismus, egal von wem er ausgeht“, erklärt der iranische Präsident. Aber dann, mit finsterem Gesichtsausdruck: „Hamas kämpft für die Rechte der Palästinenser. Das kann nicht verurteilt werden.“ Und dann, wieder lächelnd: „Aber wenn ihre Anhänger terroristische Akte begehen, kann das nicht unterstützt werden.“ Die Pressekonferenz war als Antwort auf die Anschuldigungen aus Israel und den USA gedacht, der Iran stünde hinter den jüngsten Bombenanschlägen in Israel. Der heutige Anti-Terror-Gipfel, so Rafsandschani, sei „Teil der Propaganda der USA“.
Diese Äußerungen unterscheiden sich wenig von jenen aus Libyen („Die größten Terroristen von heute sind die Zionisten und die Amerikaner“), Syrien („Terrorismus darf nicht mit dem legitimen Kampf gegen Besatzung verwechselt werden“) und Irak („Die Konferenz ist organisiert vom terroristischsten Staat der Welt: den USA“).
Eine Welle der Empörung ging durch die internationale Öffentlichkeit, als ein Autor der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna nach dem letzten Anschlag geschrieben hatte, dabei handle es sich um „göttliche Vergeltung“. Kaum beachtet wurde jedoch, daß Irna fest in den Händen konservativer und klerikaler Kreise ist – einer Fraktion der zerstrittenen iranischen Führung. Unter moderaten iranischen Vertretern löste der Text hingegen Entsetzen aus. „Als wir das gelesen haben, sagten wir, das muß ein Verrückter geschrieben haben“, berichtet ein Redakteur der auflagenstärksten und Rafsandschani treuen Tageszeitung Hamschahri. „Das ist ein gefundenes Fressen für alle, die dem Iran am Zeug flicken wollen. Dabei haben wir mit den Anschlägen nichts zu tun.“
Ob das stimmt, bleibt offen, solange Beweise für die Anschuldigungen ausbleiben. Unter Terrorspezialisten gilt zwar als zweifelsfrei, daß Iran – neben Saudi-Arabien – der agilste Unterstützer islamistischer Organisationen ist. So wurde die Hisbollah mit Hilfe Teherans zur schlagkräftigsten Miliz des Libanon – ausgerüstet mit schweren Waffen und Katjuscha- Raketen. Für die jüngsten Anschläge der palästinensischen Hamas benötige man allerdings nach Ansicht eines Beobachters in Teheran „nur Sprengstoff und jemanden, der bereit ist, sich damit selbst in die Luft zu jagen“.
Und wenn nun der Iran doch in die Anschläge verwickelt ist, sollte dann der „kritische Dialog“ der EU mit Teheran beendet und ein Wirtschaftsboykott verhängt werden? Iranische Kritiker des Regimes sind uneinig. Gegen wirtschaftlichen Druck sprach sich gegenüber der taz kürzlich der wegen angeblicher Schmähung des geistlichen Führers des Iran, Ali Chamenei, verurteilte Literat Abbas Maarufi aus. „Leidtragend ist die iranische Bevölkerung.“
Der Vorsitzende der liberalen „Freiheitsbewegung“, Ebrahim Jasdi, hingegen setzt auf Druck aus dem Ausland zur Veränderung der Verhältnisse im Iran. Weil „heutzutage kein Land in einem Vakuum leben kann“, werde die iranische Führung einlenken müssen. Das von den USA gegen den Iran verhängte Embargo sei deshalb nicht erfolgreich, „weil die europäischen Länder nicht mitgemacht haben, insbesondere Deutschland“. Thomas Dreger, Teheran
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