Hilfe! Dieselfresser!rchen!

■ Vom Fluch der Abbaubarkeit des „Biodiesels“ / Eine Studie der Mikrobiologen an der Uni Oldenburg Arbeitsgruppe „Mikrobiologie“

Es klingt wie ein Wunschtraum grüner Autohasser: Gierige Pilze und Bakterien machen sich über den Sprit her, zersetzen ihn, und übrig bleiben schlierige Ausflockungen, die die Benzinleitungen zusetzen und die Motoren abwürgen. Doch das ist kein Traum: Wissenschaftler in Oldenburg haben ausgerechnet beim „Biodiesel“, der gern als nachwachsende Öko-Alternative zu fossilen Brennstoffen gehandelt wird, teilweise massiven Pilz- und Bakterienbefall entdeckt.

Mineralölfirmen, die ins große Geschäft mit ebenfalls hoffnungsfrohen Raps-Bauern kommen wollen, schlagen sich schon länger mit diesem Problem herum: Der Raps-Sprit, gepriesen als biologisch voll abbaubar, ist eben auch im Tank abbaubar. Wenn die kleinen Dieselfresserchen günstige Bedingungen vorfinden, klumpt der Biodiesel schon nach wenigen Tagen.

Was zur Zeit überall im Land getestet wird, vom Forstmeister, von Firmen mit großem Fuhrpark, aber zum Beispiel auch von Taxi Roland in Bremen, heißt wissenschaftlich Rapsölmethylester und ist ein in Raffinerien bearbeitetes Rapsöl. Die Mineralölindustrie ist intern schon lange alarmiert: Gammelte unter gewissen Umständen auch schon mal normaler Diesel im Tank, bilden sich beim Biodiesel in den Tanks gleich großflächige Pilzteppiche und zähe Schlieren, die den Sprit unbrauchbar machten. Da half dann nur noch der Einsatz von Gift. Ein Mineralölkonzern beauftragte ein Institut der Oldenburger Uni unter Leitung von Prof. Karl-Heinz Blotevogel, das häßliche Phänomen zu untersuchen. Die „Arbeitsgruppe Mikrobiologie“ (“Institute“ gibt es in Oldenburg offiziell nicht) erforschte das Landzeitverhalten von reinem Rapsdiesel und Mischungen mit konventionellem Diesel im Zusammenhang mit dem Wachstum natürlich vorkommender Mikroorganismen. Vor einigen Tagen legten die Oldenburger erste Ergebnisse vor.

Es gibt offenbar zwei Voraussetzungen für gutes Gedeihen von Bakterien und Pilzen im Biodiesel: Die Lagerungstemperatur muß ihnen passen (prima Klima bei 25 Grad), und Wasser muß im Tank sein. Wasser bildet sich aber regelmäßig als Niederschlag an den Tankwänden bei einer Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen. Bei solchen Verhältnissen genügt schon eine geringe Beimischung von Raps-Diesel zum herkömmlichen, um einen „dramatischen Anstieg der Keimzahlen“ zu bewirken. Steigt der Biodieselanteil, wachsen besonders die Pilze, die bald eine beachtliche Menge an Biomasse darstellen – bis zu zehn mal mehr als in reinem Diesel, für den das Problem in kleinem Maßstab auch gilt. Der Fluch der Abbaubarkeit von Biodiesel: die Mikroorganismen kehren den industriellen Fertigungsprozeß des Rapsölmethylesters um und zerlegen den Kraftstoff in seine Bestandteile.

Mit den Ergebnissen seiner Studie ist Blotevogel an die Öffentlichkeit gegangen, um zu warnen. In der EU gibt es eine starke Tendenz, den Bauern eine neue Zukunftsperspektive zu eröffnen und in großem Maßstab Biodiesel einzusetzen. Besonders Frankreich macht Druck: Bis zur Jahrtausendwende soll überall der Diesel mit Biodiesel gestreckt werden. Abgesehen davon, daß diese Version okölogisch sinnlos ist, weil nicht einmal die vergleichsweise saubere Verbrennung des Rapssprits zur Wirkung kommt, ist zu befürchten, daß dem neuen Mix-Kraftstoff zusätzliche Biozide zugesetzt werden müssen, um das Schimmeln zu verhindern.

Taxi-Roland in Bremen hat übrigens von den Verstopfungsproblemen durch Dieselfresserchen noch nichts gemerkt. Kein Wunder: In der Werkstatt schlägt man sich seit letztem Juni, als man alle Taxen auf „Bio“ umstellte, mit ganz anderen Verstopfungen herum. „Der Biodiesel ist dermaßen aggressiv – der frißt alles kaputt,“ erklärte Gesellschafter Hartjen der taz. Zum Beispiel knabbert er den Lack von den Innenflächen der Tanks; die Lackpartikel setzen Benzinleitungen und Kraftstoffilter dicht. „Die Wagen verloren Leistung – und bei 100 km/h war Ende.“

In der Werkstatt bekam man Routine im Ersetzen von Kraftstoffleitungen und beim Filterwechsel. „Da haben wir viel Lehrgeld bezahlt,“ sagt Hartjen. Die Mehrkosten für das Biodiesel-Projekt finden sich allerdings auf dem Konto „Marketing“ wieder. Der Taxi-Roland-Chef: „Es kommt uns auf den PR-Effekt an.“ Die großen grünen Aufkleber auf den Türen seiner Taxen sind in der Tat unübersehbar. BuS