Spendensammlung für Bosniens Armee

■ Die US-Regierung will die Armee der Bosnischen Föderation aufrüsten. Europäische Partner zeigen wenig Begeisterung. Erstmals wurde ein deutscher Offizier durch eine Minenexplosion schwer verletzt

Ankara/Berlin (dpa/wps/taz) – Zu Beratungen über eine Militärhilfe für die Bosnische Föderation sind gestern in der türkischen Hauptstadt Delegationen aus rund 30 Ländern zusammengekommen. Die US-Regierung will die Armee der Bosnischen Föderation aufrüsten und damit ein militärisches Gleichgewicht zu den bosnischen Serben schaffen. Präsident Clinton hat der Regierung in Sarajevo bislang die Lieferung von Militärausrüstung im Wert von 100 Millionen Dollar zugesagt. Insgesamt werden für die Aufrüstung der bosnischen Armee nach US-Angaben aber 800.000 Dollar benötigt. Unter den eingeladenen Nationen sind Staaten der Islamischen Konferenz, osteuropäische Staaten, Japan und Kanada. Vor allem von den islamischen Ländern erwartet die US- Regierung einen substantiellen Beitrag.

Die Länder der Europäischen Union (EU) nehmen lediglich als Beobachter an der Konferenz teil. Ihre Vertreter hatten schon vorab zu bedenken gegeben, daß eine militärische Unterstützung der muslimisch-kroatischen Föderation zu einer regionalen Aufrüstung mit unabsehbaren Folgen führen könnte. Die europäischen Länder wollen den Schwerpunkt auf den zivilen Wiederaufbau des Landes setzen. Frankreich hatte sogar gänzlich auf die Entsendung von Beobachtern verzichtet. Die Regierungen in London, Bonn und Den Haag haben jedenfalls deutlich gemacht, daß sie keinen nennenswerten militärischen oder finanziellen Beitrag zu einem derartigen Aufrüstungsprogramm leisten wollen. Andere bedeutende Geldgeber wie Saudi-Arabien haben daraufhin ebenfalls Zurückhaltung erkennen lassen.

Amerikanische Regierungsbeamte hatten die Befürchtung geäußert, daß ein mäßiges Ergebnis der Konferenz die Bemühungen untergraben könnte, Bosnien so weit zu stabilisieren, daß die US-Truppen das Land tatsächlich noch vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen verlassen können. Ein Sprecher der amerikanischen Delegation sagte zur Zurückhaltung der EU, das Ziel der Konferenz in Ankara sei die „Friedensförderung durch ein stabiles militärisches Gleichgewicht im Einklang mit den Rüstungskontrollvereinbarungen von Dayton“. Nach einer US-Studie wäre eine aktive Streitmacht der Föderation von 55.000 Soldaten angemessen. Zu ihrer Bewaffnung mit leichten und schweren Waffen würden rund rund 800 Millionen Dollar benötigt. Die USA wollen 100 Millionen Dollar zur Verfügung stellen, die Türkei die Ausbildung übernehmen. Die US-Regierung verfolgt mit diesem Programm auch das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Bosnien und dem Iran zu beenden. Der US-Senat hatte am Mittwoch beschlossen, die Auszahlung von 200 Millionen Dollar an Hilfsgeldern für Bosnien zurückzuhalten, um die Regierung zu einer Beendigung ihrer geheimdienstlichen Zusammenarbeit mit dem Iran zu zwingen.

Am Montag werden US-Außenminister Warren Christopher und die Bosnien-Kontaktgruppe in Genf mit den Präsidenten Kroatiens, Bosniens und Serbiens zusammentreffen. Christopher will die Parteien zur strikten Einhaltung des Dayton-Abkommens ermahnen. Zur Sprache gebracht werden sollen die Streitigkeiten zwischen den bosnischen Muslimen und Kroaten, der Auszug der Serben aus Sarajevo und der ökonomische Wiederaufbau des Landes. Die Beratungen in Genf dienen auch der Vorbereitung einer Bosnien-Konferenz am 23. März in Moskau.

Zum ersten Mal ist gestern ein Offizier der Bundeswehr bei der Explosion einer Mine in Bosnien schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt worden. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Bonn explodierte die Mine bei Arbeiten an einer Brücke bei Visoko 15 Kilometer nordwestlich von Sarajevo. Der Offizier wurde ins Feldlazarett bei Split gebracht. Auf einer US-Basis in der nordbosnischen Stadt Tuzla wurde in der Nacht zum Freitag zudem ein US-Soldat der Internationalen Friedenstruppe (Ifor) durch Schüsse verletzt. gb