: Arbeitgeber fordern weiter Tarif-Dumping
■ IG Bau soll einem Mindestlohn für EU-Arbeiter unter der Tarifgrenze zustimmen
Bonn (rtr) – Die Bauarbeitgeber haben eine rasche Einigung auf einen Mindestlohn auf deutschen Baustellen gefordert. Ein Sprecher des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie forderte die Industriegewerkschaft Bauen- Agrar-Umwelt (IG Bau) gestern auf, von ihrer Forderung nach einer Untergrenze von 19,58 Mark pro Stunde abzurücken. Ein Abschluß sei nur deutlich unterhalb der letzten tariflichen Lohngruppe von 18,23 Mark möglich. Das Thema müsse schnell vom Tisch, sagte der Sprecher auf Anfrage. Je länger eine Einigung hinausgezögert werden, desto mehr Verträge würden noch zu Dumpinglöhnen abgeschlossen.
Die Tarifverhandlungen über Mindestlöhne für ausländische Bauarbeiter in Deutschland waren am vergangenen Dienstag gescheitert. Wenn nicht bald eine Einigung erzielt werde, werde der Beschäftigungsabbau in der Bauindustrie weiter fortschreiten, sagte der Arbeitgebersprecher. Eine „Minimalbewegung“ der Gewerkschaft werde für einen Abschluß nicht ausreichen.
Der IG-Bau-Chef Klaus Wiesenhügel hatte am Wochenende mit Streiks gedroht. Am Freitag hatte es erste Warnstreiks gegeben. Ein Termin für die erste Schlichtungsrunde steht noch nicht fest. Als Schlichter ist der frühere Bundesfinanzminister Hans Apel vorgesehen. Er wird heute von einer Urlaubsreise zurückerwartet. Binnen einer Woche soll die Zentralschlichtungsstelle zum erstenmal zusammenkommen.
Eine Einigung über eine Lohnuntergrenze ist Voraussetzung dafür, daß das Anfang März in Kraft getretene Entsendegesetz wirksam werden kann. Der Sprecher des Arbeitgeberverbandes erklärte, der von der Gewerkschaft verlangte Mindestlohn von 19,58 Mark sei im Tarifausschuß beim Arbeitsministerium „nicht mehrheitsfähig“. Erst wenn der Abschluß dort für verbindlich erklärt worden sei, könnten aber auch nicht tarifgebundene und ausländische Firmen zur Zahlung des Lohns verpflichtet werden.
Die Arbeitgeber erwarten im laufenden Jahr rund 200.000 Beschäftigte aus Ländern der Europäischen Union (EU), die zu Dumpinglöhnen auf deutschen Baustellen beschäftigt werden.
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