piwik no script img

Seelöwen statt Löwen

■ Unterwasserzirkus Fliegenpilz gastiert mit viel Wasserzauber auf dem Grünenkamp

Nixen und Muscheln am Zirkusportal verraten schon von weitem die Hauptattraktion, die der Schweizer Zirkus Fliegenpilz nach Bremen bringt: Mit dem weltweit einzigen „Circus unter Wasser“ knüpft er an eine hundert Jahre alte Tradition an, die allerdings seit den 50er Jahren völlig ins Vergessen geraten war. 300.000 Liter Wasser fließen nach der Pause aus einem riesigen Neptunkopf in die Manege und verwandeln sie in einen See. Die BesucherInnen in den ersten Reihen müssen zwar keine Schwimmwesten anlegen, wenn jedoch später zwei übermütige Seelöwinnen in der Wassermanege plantschen, sollten sich die Herr- und Damenschaften auf den teuren Rängen lieber etwas zurücklehnen.

Seelöwen statt Löwen also. Doch auch 80 weitere Tiere tauchen in der Wasser- oder der herkömmlichen Sägemehl-Manege auf. Daß Araberpferde prachtvolle Dressurtiere sind, die sich in verwirrenden Kreisen umeinander drehen, ist aus anderen Zirkuszelten bekannt. Aber daß auch Zebras etwas ähnliches vollbringen können, ist sehr selten zu sehen. Denn die schnellen Gestreiften verweigern sich auch gern einmal nach Eselart.

Exotische Rinder mit riesigen Hörnern und ein Tulu, eine Zufallskreuzung zwischen Dromedar und Kamel, dienen im Zirkus Fliegenpilz als Sprunghindernisse für ein flinkes Guanaco. Und das Zwergflußpferd „Elsbeth“, das vor sechs Jahren bei Fürth einen vielbeachteten mehrtägigen Ausflug in einen Bach unternahm, erfreut die Kinder: „Och, ist das süüüß.“

Natürlich gibt es neben den Tieren auch exzellente Akrobatik am Trapez und am Schleuderbrett. Bis zu 30 Hula-Hoop-Reifen kann eine Artistin gleichzeitig kreisen lassen. Clown Bou Bou läßt „dressiertes Wasser“ durch einen Feuerreifen springen. Und ein 56jähriger Schlangenmensch könnte wunderbar für ein Aufbaupräparat im Alter werben.

Das im wahren Sinn des Wortes spritzige Finale bilden leuchtende Fontänen, die zu Strauß-Musik farben- und formenprächtig auf- und abzischen. Dazu scheinen sich selbst die Gänse und Enten im Walzertakt zu drehen. Nach einem kleinen Feuerwerk unterm Kuppelzelt verabschiedeten sich die 20 ArtistInnen von einem bänketrampelnden Premierenpublikum am Dienstag abend. „Echt geil war das“, meinte ein Teenager, und selbst eine Rentnerin, die nur wegen der geschenkten Freikarte kam, war begeistert.

Die Produktion „Circus unter Wasser“ beschert seit 1992 dem Zirkus Fliegenpilz ein rapides Wachstum. Die Betriebskosten, immerhin 12.000 bis 15.000 Mark pro Tag, können gedeckt werden. Aber: „So ein Zirkusunternehmen ist immer ein Drahtseilakt“, weiß Wolfgang Fuhrmann, der Presseprecher. Schließlich konkurriere ein Zirkus auch immer mit allen anderen Kultureinrichtungen einer Stadt, wie Theater und Biergarten. Ausverkaufte Zelte in Köln, Hamburg und anderen deutschen Großstädten scheinen für das Erfolgsrezept des Unterwasser-Zirkus zu sprechen, der in diesem Jahr sein 15jähriges Bestehen feiern kann.

bik

Täglich bis zum 4. April werktags 15:30 und 20 Uhr, sonntags 14:30 und 18 Uhr auf dem Grünenkamp. Eintritt: 25 bis 45 Mark für Erwachsene, Ermäßigung für Kinder und StudentInnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen