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■ EUROPE OFFLINEBurda steht auf der Leitung

Hubert Burda, so geht das Gerücht, hat sich richtig verliebt ins Internet. Das ist schön, nur macht die Liebe abwechselnd blind, tollkühn und einfach irre. Aus einer solchen Laune heraus muß das vermaledeite kleine x in den „Connexion-Kit“ geraten sein. So heißt das Softwarepaket, das Hubert Burdas Verkäufer auf der CeBIT-Messe in Hannover tausendfach verschenkt haben. Mit zwei Standardprogrammen, nämlich Netscapes unvermeidlichem Browser „Navigator“ und der millionenfach bewährten Shareware „Trumpet Winsock“, die unter der Oberfläche die Verbindung zum Internet aufbaut, soll nun also der Weg frei werden zu Burdas Liebeskind, das „Europe Online“ heißt.

Wer einen Zugang zum Internet besitzt, kann http://www.europeoline.com mühelos mit der Basistrompete und dem aufgesetzten Navigator bewundern. Nur ist dann der Zugang zu einigen mutmaßlichen Schätzen des Onlinedienstes versperrt. Wer alles wissen will, muß Mitglied werden. Die Vermutung erschien mir nicht abwegig, daß die geschenkten Disketten den Weg dahin schon ebnen.

Tatsächlich, nach einer langen Weile kommen die ersten EOL-Bildchen auf den Schirm, dann die Fragen zur Person und zum Bankkonto. Die ersten zehn Stunden sind gratis, steht im Prospekt, aber offenbar ist schon vor dem ersten Schritt die Kreditkartennumer unerläßlich. Vergebens schickt das Surfprogramm von Netscape eine Warnmeldung auf den Schirm, daß die hiermit übertragenen persönlichen Daten „auch Dritten“ zugänglich seien. Burdas Tochter zwingt dazu, den Hinweis zu ignorieren, ich schicke die Registrierung ab.

Aber es ist ein x in der Connection. Vorfreude ist auch hier die schönste Freude. Weder Burdas Online-Geheimverliese noch die Weiten des Cyberspace öffnen sich. Zumindest für das zweite wäre jetzt nötig, daß mir eine Internetadresse zugeteilt wird. Sie allein ist der Schlüssel, aber sie kommt nicht. An den Standardprogrammen, die sonst immer einwandfrei arbeiten, kann es nicht liegen. Absurderweise startet mitten in der Datenstille der Netscape-Navigator und produziert eine barsche Fehlermeldung. Ich soll mich mal um mein Netzwerk kümmern, lautet sie in Deutsch.

Wieso ich? Wieso nicht Burda? Die Stunde der Hotline hat geschlagen, mehrere Stunden sogar. Ich habe drei sehr freundliche Stimmen kennengelernt und kann jetzt das Handbuch für die Modem- Befehle auswendig. Nur Europe Online kenne ich noch immer nicht von innen.(niklaus@taz.de)

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