Hintertreibt Bonn eine Verurteilung Chinas?

■ Amnesty: Kohl soll Resolution zu Menschenrechtsverletzungen aktiv mittragen

Genf (taz) – In einem Schreiben an Bundeskanzler Kohl forderte die deutsche Sektion von amnesty international gestern die Bundesregierung auf, sich bei der in Genf tagenden UNO-Menschenrechtskommission aktiv für eine Resolution zur Lage in China einzusetzen. „Uns erreichen Nachrichten, die darauf hindeuten, daß die Bundesregierung zusammen mit der französischen Regierung eine solche Resolution hintertreibt“, schreibt ai-Generalsekretär Volkmar Deile unter Berufung auf „deutsche Presseorgane“ und westliche Regierungsdelegationen bei der UNO-Menschenrechtskommission. Die taz hatte am Montag berichtet, daß Kohl der chinesischen Führung bereits bei seinem Staatsbesuch in Peking im November 95 die Zurückhaltung Deutschlands signalisiert hatte und daß sich Bonn und Paris innerhalb der EU gegen eine Verurteilung Chinas stellen. Sollte die Bundesregierung eine Resolution nicht „initiativ mittragen“, so der ai-Generalsekretär, „wäre dies nicht nur ein Bruch der Verpflichtung ihrer Politik auf die Menschenrechte“, sondern „auch die sichtbare Entlarvung ihrer vielfältigen Aussagen über die Bedeutung der Menschenrechte als reine Rhetorik“.

Um Wirkung zu haben, muß eine China-Resolution nach Meinung von ai „konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtslage benennen“: die „Beendigung der Folter“, die „Abschaffung der Todesstrafe“ und die „unverzügliche Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen“ und „die Einstellung willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen“. Darüber hinaus müsse die Resolution China auffordern, die internationalen Abkommen zum Schutz der Menschenrechte zu ratifizieren. Schließlich müsse die Führung in Peking in einer Resolution zur Zusammenarbeit mit den Menschenrechtsgremien der UNO „gedrängt“ und aufgefordert werden, die UNO-Sonderberichterstatter über Folter und über extralegale Hinrichtungen sowie die Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen nach China einzuladen. Andreas Zumach