MeinungsBILDung

■ Heute werden in Marl die begehrten "Grimme-Preise" vergeben. Aus den Memoiren eines Nominierungskommissars

Ehrenvoll und schmeichelhaft ist es, in die Nominierungskommission des Grimme-Preises berufen zu werden. Zudem hat es handfeste Vorteile. Der darbende Freiberufler kann sich in der Marler Medienkartause mal richtig satt essen, bekommt ein zentralbeheiztes Obdach, und wenn er etwas Glück hat, begegnet er am Frühstücksbuffet im Hotel sogar dem erhabenen Sir Yehudi Menuhin.

Diese Privilegien freilich wollen hart erarbeitet werden. Zu nachtschlafender Stunde werden die ehrwürdigen Bildschirmbeobachter von der schlichten Schlafstatt geschubst, ins Institut gekarrt und in den Klausurraum gesperrt. Dort müssen sie der Reihe nach weggucken und begutachten, was Zuschauer oder Sender als honorabel vorgeschlagen haben. Indes scheint nicht jedem Absender – am wenigsten denen aus der Branche – bekannt zu sein, daß die Preisvergabe gemeinhin an eine besondere Leistung geknüpft ist.

Auch das Medienfachblatt Bild am Sonntag sah geflissentlich über diese kleine Schikane hinweg. Dort empörte man sich und unterstellte üble Machenschaften, weil der dem illustren Periodikum verschwägerte Sender Sat.1 leer ausging. „Wird da wirklich nur streng nach künstlerischen Aspekten geurteilt?“ begehrte BamS zu wissen und suggerierte Schiebung: „Gleich sechsmal wird RTL in diesem Jahr für den begehrten ,Grimme-Preis‘ nominiert, die Konkurrenz von Sat.1 aber fand keine Gnade bei der Jury! Mehr Glück hatten Heike Makatsch (24), Inge Meysel (85) und Herpe Kerkeling (31). Böses Gerücht: Ihre Sender (VIVA, RTL, WDR) sponsern das Grimme-Institut. Kein Geheimnis: Die ,Grimme-Preis‘-Macher sind auf Spenden fürs leere Konto angewiesen.“

Wenn man schon über die Verballhornung des Namens denunziert, dann aber richtig: also Herpes Kerkeling anstelle des halbherzigen „Herpe“. Desungeachtet erhebt sich die Frage: Was ist ein „,Grimme-Preis‘-Macher“? Der Mann mit dem Lötkolben, der die zimmerantennenartigen Trophäen zusammenbastelt? Oder wir Nominierungskommissare, die wir mehrmals im Jahr zusammenkommen, die eingereichten Vorschläge gewissenhaft sieben und zwecks finaler Beschlußfassung an die Jury weiterreichen? Ist letzteres der Fall, müssen Viva, RTL und WDR dringend angemahnt werden: Das Konto ist immer noch leer. Um baldige Überweisung großzügiger Spenden wird gebeten. Im übrigen, BamS, schau doch selbst mal hin und ,BILD dir eine Meinung‘: Vergleiche die Sat.1-Vorschläge „Hallo Onkel Doc!“, „Kommissar Rex“ und „A.S.“ mit, sagen wir, „Die Partner“ (WDR), „Geister“ (arte/WDR) oder „Balko“ (RTL). Und schreib uns doch in mindestens 28 Zeilen und vollständigen Sätzen, was dir dabei aufgefallen ist. Harald Keller