piwik no script img

Der Junkie als Kunde

■ Vereinbarung zur Qualitätssicherung in der Drogenhilfe abgeschlossen

Junkie-freundliche Öffnungszeiten, kundenorientierte Arbeit, stadtweite Vernetzung und ein transparenteres Leistungsprofil der Einrichtungen: Der Zankapfel „Qualitätssicherung in der Drogenhilfe“ wurde nach zähen Verhandlungen zwischen Sozialbehörde und freien Trägern gestern in eine Rahmenvereinbarung gegossen.

„Die kann man in dieser Allgemeinheit ruhig unterschreiben“, kommentierte Norbert Dworsky von der Fixerstuben-Betreiberin „Freiraum“. Denn „die eigentliche Arbeit“, nämlich auszuhandeln, wie „Qualität“ definiert und von der Behörde entlohnt wird, „beginnt erst jetzt“, so Rainer Schmidt, Geschäftsführer der „Palette“. KritikerInnen befürchten, daß „Qualitätssicherung“ nur ein schöneres Wort für Sparprogramm werden und zeitaufwendige Beratungs- und Betreuungsarbeit, Innovation und Kreativität auf der Strecke bleiben könnten.

„Im zunehmenden Konkurrenzkampf“ um öffentliche Gelder, gibt der Drogenbeauftragte Horst Bossong Sparüberlegungen durchaus zu, werde die Drogenhilfe zukünftig unter Rechtfertigungsdruck kommen, auf den man sich schon jetzt mit Leistungsnachweisen und Modernisierung vorbereiten müsse. Im wesentlichen gehe es ihm aber darum, Drogenhilfe an den Bedürfnissen der Junkies – der „Kunden“ – zu orientieren und sie nicht durch „Experten entmündigen“ zu lassen.

Das „kollektive Jaulen“ über Kürzungen im Sozialbereich sei erst „ein müder erster Eindruck“ von den „massiven Verteilungskämpfen“, die kommen würden, belehrte der Leiter des Amtes für Rehabilitation, Ulrich Koch, die Drogenhilfe. Wenn es aber einzig ums Sparen ginge, hätte man eine solche Vereinbarung nicht gebraucht, sondern einfach rasengemäht. „Nehmen sie das endlich in Ihr Stammhirn auf!“, zickte Koch in Richtung Palette und Freiraum, die wortführenden Skeptiker der „Qualitätssicherung“.

Noch fließen die Mittel nicht nach Leistungsnachweis. Doch vom nächsten Jahr an soll ein „Fachrat“ Qualität, Leistungsprofile und eine Angebotsausgewogenheit überprüfen. Silke Mertins

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen