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Betriebsratsarbeit von Detektei überwacht

■ Observierte Angestellte sollen wegen „Arbeitszeitbetruges“ gekündigt werden

Im Zeichen der ökonomischen Krise wird auch das Klima in den Sozialeinrichtungen der freien Wohlfahrtspflege immer härter. Ein herausragendes Beispiel wurde gestern vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Um zwei Betriebsrätinnen loszuwerden, beauftragte die Geschäftsführung des „Heilpädagogischen Zentrums“ in Spandau eine Detektei mit der Überwachung der beiden. Ergebnis der Observation: Wegen „Arbeitszeitbetruges“ um 90 beziehungsweise 50 Minuten betreibt der Arbeitgeber nun die Entlassung der nur unter besonderen Bedingungen kündbaren Betriebsrätinnen. Das Arbeitsgericht gab ihm in seiner gestrigen Sitzung recht, die unterlegenen Frauen wollen in die nächste Instanz gehen.

„Eine unverhältnismäßige Härte“, kommentierte ein arbeitsrechtlich geschulter Prozeßbeobachter. „Daß in solch einem Fall eine Detektei eingeschaltet wird und daß dann noch dem Begehren einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung stattgegeben wird, habe ich noch nie erlebt.“

Hintergrund des Konfliktes: Die Leitung des Heimes für mehrfach Behinderte wollte die beiden Erzieherinnen offensichtlich deshalb loswerden, weil ihr Engagement zuviel Geld kostete. In diversen Verfahren hatten die beiden kämpferischen Frauen, die auch gestern ihre gute Laune nicht verloren, bessere Gehaltsgruppen, Schichtzulagen und Heimzulagen für die rund 90 MitarbeiterInnen durchgesetzt.

Es sei ihnen jedoch unmöglich gewesen, so die Frauen vor der Kammer, ihre Arbeit als Betriebsrat inmitten der Behinderten zu erledigen. Auch sei mit dem Arbeitgeber abgesprochen gewesen, bestimmte Aufgaben außer Haus wahrzunehmen. So war es auch am 26. Oktober 1995, als sie an einer Beratungssitzung ihrer Gewerkschaft GEW teilnahmen. Daß ihnen damals rund um die Uhr Detektive folgten – Stundensatz 95 Mark tagsüber und 142,50 Mark nachts –, erfuhren sie erst später.

Nach Sitzungsende seien die beiden während ihrer Arbeitszeit nach Hause gegangen, meldeten die Mitarbeiter der Detektei, die Betriebsratsvorsitzende habe anderthalb Stunden und ihre Stellvertreterin 40 Minuten zu Hause verbracht. „Wir haben viel von unseren Aufgaben zu Hause erledigt, während und nach unserer Arbeitszeit“, konterten die Frauen. Ihre juristischen Nachschlagewerke und selbst ein Kopierer hätten dort gestanden. Zum Verhängnis wurde den Erzieherinnen gestern jedoch, daß darüber keine förmliche Abmachung mit dem Arbeitgeber bestand. Die Betriebsrätinnen hätten auf diese Weise jahrelang falsch abgerechnet und „Leistungen erschlichen“, erklärte Heimverwaltungsleiter Neumann gestern gegenüber der taz.

Nicht zu klären war gestern, wie lange die Frauen observiert wurden. Ein Mitarbeiter des Heimes will aus der Verwaltungsleitung gehört haben, daß die Detektive monatelang, seit Januar 1995, tätig waren. „Wir haben uns darüber lustig gemacht und immer schön gewinkt, wenn wir aus dem Haus traten“, so die Betriebsratsvorsitzende. Der Verwaltungschef des Heilpädagogischen Zentrums verweigerte hierzu jedoch jede Auskunft: „Das sind Personalangelegenheiten.“ Ute Scheub

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