: Bezirke sollen 150 Millionen verdienen
CDU und SPD einig: Bezirke sollen bei Grundstücksverkäufen die Hälfte des Erlöses behalten. Grüne befürchten Korruption und wollen statt dessen Bezirke bei Einsparungen entlasten ■ Von Dirk Wildt
Die dramatische Haushaltslage führt zu einer kleinen Revolution. In diesem Jahr sollen die Bezirke erstmals Kasse machen, wenn sie Grundstücke verkaufen. Bisher fließen Erlöse aus Immobilienverkäufen zu 100 Prozent in den Haushalt des Landes. Die Große Koalition hat sich nun darauf geeinigt, zumindest die Hälfte der Verkaufserlöse dem jeweiligen Bezirk zu überlassen, um so die Sparmaßnahmen der Bezirke von 800 Millionen Mark abzumildern. Die Fraktionen von SPD und CDU wollen das am Montag im Parlament beschließen – Bündnisgrüne und PDS werden die Gesetzesänderung nicht unterstützen.
Im vergangenen Jahr hatten die 23 Bezirke Grundstücke für insgesamt 305 Millionen Mark verkauft. Nach der neuen Regelung würden die Bezirke davon 152,5 Millionen Mark behalten dürfen. Klaus Wowereit, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, rechnet für dieses Jahr allerdings mit wesentlich mehr Einnahmen. Denn durch die Gewinnbeteiligung würden die Bezirke „motiviert“, mehr und wesentlich schneller zu verkaufen.
Landesrechnungshofpräsident Horst Gryczsik begrüßte die geplante Gesetzesänderung. Wenn die Bezirke die ihnen auferlegten Sparleistungen von 800 Millionen Mark in diesem Jahr nicht erbringen könnten, sei das eine geeignete finanzielle Hilfe. In den Bezirksämtern würde außerdem das Bewußtsein wachsen, daß sich jeder selbst helfen müsse.
Bei der PDS und den Bündnisgrünen stößt der Vorstoß dagegen auf harsche Kritik. Auf Grund mangelnder Kontrolle würde der Korruption Tür und Tor geöffnet, sagte der grüne Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau. Bei der geplanten Ankurbelung und Beschleunigung von Grundstücksgeschäften könne das Abgeordnetenhaus vor seiner Zustimmung Verträge kaum mehr ausreichend überprüfen. Müller-Schoenau bezweifelte allerdings, daß sich die optimistischen Erwartungen von CDU und SPD erfüllen, denn die Vorbereitung von Immobilienverkäufen dauere erfahrungsgemäß zwei Jahre. 1997 aber soll die Halbe-halbe-Regelung so nicht mehr gelten.
Außerdem entstehe ein neues Haushaltsloch. Schließlich rechne der Senat mit Einnahmen von 300 Millionen Mark durch die Veräußerung des kommunalen Vermögens. Gibt er hiervon die Hälfte an die Bezirke weiter, fehlen der Landeskasse die rund 150 Millionen Mark. Dieser Betrag müßte dann anderswo gespart werden. Die Grünen sind aber auch gegen die beabsichtigte Gesetzesänderung, weil einzelne Bezirke keine Grundstücke zu verkaufen haben. Deshalb wären sie von den vom Senat beschlossenen Sparmaßnahmen weiterhin in voller Härte betroffen. Müller-Schoenau schlägt deshalb vor, die 800 Millionen Mark Sparmaßnahmen für alle Bezirke um 150 Millionen auf 650 Millionen abzusenken. Dies Verfahren wäre unkomplizierter, gerechter und würde Korruption nicht befördern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen