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Kieloben im Norden: Rotgrün ist machbar

■ Wahl in Schleswig-Holstein: SPD verliert absolute Mehrheit / Grüne erstmals, FDP schon immer noch drin / DVU fliegt raus, SSW verdoppelt Mandate Von Sven-Michael Veit

Die dänische Komponente in der schleswig-holsteinischen Politik wird immer stärker: Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Vertretung der dänischsprachigen Minderheit im nördlichsten Bundesland, legt als einzige Partei seit 1979 bei jeder Landtagswahl zu. Gestern gab es mit satten 2,5 Prozent mehr als ein halbes Prozent mehr als bei der vorigen Wahl im April 1992 – und eine Verdoppelung der Mandate: Zwei statt bislang eines.

Halbwegs zufrieden können auch die Grünen mit dem Wahlergebnis sein: Mit 8,0Prozent wird die Öko-Partei, die vor vier Jahren noch mit 4,97 Prozent hauchdünn an der 5-Prozent-Hürde scheiterte, erstmals in den Kieler Landtag ein und wird mit sechs Mandaten zur drittstärksten Fraktion.

Die CDU legte leicht auf 36,9 Prozent zu (1992: 33,8 %), die FDP erreichte mit 5,6 Prozent das gleiche Resultat wie vor vier Jahren. Vermutlich aus dem Parlament geflogen ist hingegen die rechtsextreme DVU, die von 6,3 Prozent auf 4,4 Prozent abrutschte.

Unerwartet deutliche Verluste mußte die SPD kassieren: Mit 40,2 Prozent (1992: 46,2%) verlor die Partei von Ministerpräsidentin Heide Simonis deutlich die absolute Mehrheit (33 Mandate im 75köpfigen Landtag) und muß sich nun nach einem Koalitionspartner umsehen. „Wir werden mit allen reden, die mit uns reden wollen“, gab sich Simonis offen nach allen Seiten. Sie werde aber trotz des Ergebnisses, das „ungerecht, aber zu respektieren ist“, „vor niemanden auf den Knien rutschen“.

Vor allem nicht vor den Grünen, die im Wahlkampf für eine rotgrüne Koalition in Kiel als Voraussetzung zu einer „ökologischen Wende“ geworben hatten. Die Parlamentsneulinge gelten Simonis aber eher als Kröte, die sie ungern schlucken möchte: „Nur im Märchen wird ein Frosch, wenn man ihn küßt, zum Prinzen“, lautete ihr anti-grüner Standardsatz im Wahlkampf.

Irene Fröhlich, Spitzenkandidatin der Grünen, ließ gestern keinen Zweifel daran gelassen, daß ihre Partei zusammen mit der SPD regieren wolle. Die politischen Schwerpunkte in den Bereichen Umwelt, Verkehr und Bildung gesetzt müßten aber gewahrt sein. Die Grünen fordern vor allem den Ausstieg aus der Atomenergie sowie den Verzicht auf den Transrapid und die Ostseeautobahn A 20.

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