: Die Qual der Wahl
■ Hamburger Stimmen zu sozial-liberalen Schrecken und rot-grünen Träumen in Kiel
Blut, Schweiß und Tränen kostet so eine Wahl. Vor allem wenn man SPD-Mitglied und damit nicht Wählers Liebling ist. Besonders leid tue ihr die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), grämt sich Hamburgs SPD-Fraktionschefin Elisabeth Kiausch. Die hat ja so gekämpft, die Frau. Und nun muß sie die grüne Kröte schlucken.
Die Hamburger Variante des „vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiven“ Krötentieres „mit meist warziger, drüsenreicher, Giftstoffe abscheidender Haut“ (Meyers Taschenlexikon) in Person des parlamentarischen GAL-Geschäftsführers Alexander Porschke ist hingegen gut gelaunt: Der „schöne Erfolg“ der Grünen im nördlichen Nachbarland sei „eine gute Ausgangsposition“ für rot-grüne Verhandlungen. Und daß Landesmutter Simonis sich bisher stets „abfällig“ über die Grünen äußerte, „sind wir bei unserer Geschichte schon gewohnt“.
Wenn eine Koalition zustande käme „und es gelingen sollte, Hebel zur Stillegung“ der AKWs zu finden, „hätte das auch große Auswirkungen auf Hamburg“. Nach der nächsten Wahl im Stadtstaat in eineinhalb Jahren könnte womöglich eine norddeutschen Reformpolitik geschmiedet werden.
Für derartige Träume ist die GALionsfigur und derzeit im Bonner Exil lebende Krista Sager zuständig: Würde es 1997 auch in Hamburg Rot-Grün geben, könne man zusammen mit Schleswig-Holstein eine „energie- und verkehrspolitische Wende“ auf den Weg bringen. Vor einer wiederbelebten sozialliberalen Koalition hat Sager, zumindestens für Hamburg, keine Angst. „Die Hamburger FDP hat sich von selber überflüssig gemacht.“
Eine liberale Wiederauferstehung in Hamburg würde „die Optionen erweitern“, träumt hingegen Kiausch von einer Alternative zur GAL. Herzklopfen in Sachen Machtübernahme hat auch die CDU: „Wir freuen uns mit der FDP“, schleimt vorsorglich Vize-CDU-Landeschef Gunnar Uldall.
Silke Mertins
Berichte, Analysen, Ergebnisse auf den Seiten 3, 4 und 22
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