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„Wähler sind Idioten“

■ Baden-Württembergs SPD verzweifelt, „Republikaner“ mit Stammwählerschaft

Stuttgart (taz) – Mit eingefallenem Gesicht saß der Fraktionschef der baden-württembergischen SPD, Ulrich Maurer, am späten Sonntag abend auf einem Stuhl im Stuttgarter „Künstlercafé bei Jan“, neben sich nur einen Menschen: seinen Fahrer. Wer wollte da nicht Mitleid haben! In der SPD herrschte noch Stunden nach dem Wahldebakel panische Ruhe. Fragen nach der Schuld überließ man zunächst ganz den anderen Parteien. Vor allem die Grünen wußten denn auch zwei Minuten nach Schließung der Urnen, warum es mit dieser SPD nicht klappen konnte: „Dieses bescheuerte Aussiedlerthema im Wahlkampf hochzupuschen“, schimpfte Grünen- Chef Fritz Kuhn und seine Stellvertreterin Birgit Bender meinte: „Ich bin stinksauer auf die SPD. Damit hat sie Wahlkampfhilfe für die Republikaner betrieben.“

Doch allein daran kann es nicht gelegen haben. Im Gegenteil: Spöri verspürte sogar demoskopischen Aufwind, nachdem er die Zuzugsfrage gestellt hatte. In den letzten Meinungsumfragen vor der Wahl stand die SPD nicht schlecht da. „Da muß in den letzten Tagen noch etwas passiert sein“, stammelte Spöri, ehe er, den Tränen nahe, ins Private verschwand, was aber genau, das wisse er auch nicht.

Tatsächlich verlor die SPD vor allem in den Wahlkreisen, in denen sie ohnehin schon schwach war: in den ländlichen Gebieten. Im Landkreis Biberach kamen die Sozialdemokraten gerade noch auf 14,5 Prozent, im Nachbarkreis Wangen auf immerhin 15,9.

Beim Wundenlecken konnte man denn auch aus sozialdemokratischem Mund das erste gemurmelte „Spöris culpa“ hören. Der Spitzenkandidat habe die Wähler für zu blöd gehalten. Mit Plakaten wie „Spöri schafft Arbeitsplätze“ habe man noch die letzten Gutwilligen vertrieben: „Das glaubte uns doch kein Mensch.“ Doch der schöne Dieter blickte noch am Wahlabend in Richtung Düsseldorf. Dort hätten ihm die Grünen einen Strich durchs rot-grüne Konzept gemacht.

Es war schon fast Mitternacht, als sich die Genossen „bei Jan“ schließlich doch noch über die wahren Gründe der Niederlage einig waren: „Die Wähler sind eben doch Idioten.“ Auf diesen Einfall könnte man tatsächlich kommen, sieht man das Ergebnis der Republikaner an: 9,1 Prozent. Zwar traute niemand den Vorhersagen, wonach sich die Rechtsradikalen im neuen Landtag nicht wiederfänden, doch daß fast wieder ein zweistelliges Ergebnis für sie herauskam, schockte dann doch. Schließlich waren sie weder in den vergangenen vier Jahren noch im Wahlkampf besonders in Erscheinung getreten. Ihr Vorsitzender, der Stuttgarter Anwalt Rolf Schlierer, glaubt denn auch inzwischen von Stammwählern sprechen zu können und hat damit wohl Recht.

Noch am Wahlabend ging das Kofferpacken los. Er werden nun auch nicht im Herbst als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt von Stuttgart zur Verfügung stehen, sagte Spöri. Im Hinausgehen klang ihm dann noch die Häme der politischen Gegner im Ohr. Aus der Ecke der CDU brandete immer dann Jubel auf, wenn die Verluste der SPD durchgegeben wurden.

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