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Die Mobilität im Kopf fehlt

Mitfahrervermittlung liegt im Trend. Doch Pendler bleiben lieber allein im Auto. Auch Berater von Bus- und Bahnfahrern haben wenig zu tun  ■ Von Lorenz Redicker

Sie heißen Mobicenter, MoVe! oder schlicht Mobilitätszentrale. Es gibt sie in Bielefeld und Bremen, Dortmund und Köln, in Hameln und Schopfheim. Immer mehr Verkehrsbetriebe, Kommunen und Initiativen entdecken die neue Dienstleistung für sich und richten mit mehr oder weniger Geld und viel Engagement Informationsstellen für den Berufs- oder Privatverkehr ein.

Der Inhalt der Beratung variiert dabei von Ort zu Ort. Einmal beschränkt sie sich auf den Berufsverkehr: Mit Pendlerbörsen wird Fahrgemeinschaften auf den Weg geholfen. Die Adressen von Leuten, die Mitfahrgelegenheiten anbieten, werden samt ihrer Fahrtroute im Computer gespeichert und bei Bedarf an Mitfahrwillige vermittelt. Dazu gibt es Tips für die Belegschaft einzelner Betriebe, wie man oder frau möglichst ohne Auto den Weg zur Arbeit bewältigt.

Mancherorts verlegen sich die MobilitätsberaterInnen aber auch mehr auf den Freizeitverkehr, erläutern ihren KundInnen meist gratis, mit welchem Bus sie die Oma auf dem Land besuchen können, wann der fährt und was das alles kostet. Die Fahrkarten gibt es gleich dazu. Im Idealfall werden beide Ansätze kombiniert, vielleicht noch ein Verkehrsplan für das Gymnasium und die Berufsschule erstellt, inklusive Radwegenetz, und Mängelliste für das örtliche Planungsamt.

Der Erfolg ist bisher mäßig. Widerspenstig zeigt sich schon das scheinbar leichteste Opfer: der Berufsverkehr. In der Rush-hour bleiben neun von zehn Beifahrersitzen frei. Selbst in einer Großstadt wie Bremen pendeln vier von fünf Beschäftigten mit dem Auto ein. Wenn täglich viele den gleichen Weg haben, müßten die Autofahrer doch zum Umsteigen zumindest in andere Autos oder in den Bus zu bewegen sein, besagt die Theorie. Drei von fünf Autofahrten im Berufsverkehr ließen sich einsparen, hat das Forschungsinstitut socialdata für das Ruhrgebiet errechnet. Für Bremen kam das Büro für Verkehrsökologie (BVÖ) auf eine Rate von 59 Prozent.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

Doch der Realität halten solche Zahlenspiele nicht stand. So wurden bei einem Modellversuch in Basel und dem angrenzenden deutschen Landkreis Lörrach Beschäftigte mehrerer Betriebe über Alternativen zum Auto beraten und in Fahrgemeinschaften vermittelt. Das Resultat: Im schlimmsten Fall blieben weniger als ein Prozent der zuvor genutzten Autos in der Garage stehen, im besten 15 Prozent.

Wenn die Unternehmensleitungen nicht mit Parkgebühren, Vorteilen für Fahrgemeinschaften oder Jobtickets nachhelfen, ist die Bereitschaft zum Umdenken bei der Belegschaft gering. Verspricht die Beratung dem Betrieb keinen Gewinn, tun sich auch die Unternehmen schwer. Ein Ansatz sind die Parkplatzkosten. Ein Teil der Belegschaft der Signal-Versicherung in Dortmund verpflichtete sich 1989 im Rahmen eines Modellprojekts schriftlich zum Kauf eines Jobtickets für den Verkehrsverbund. Dafür erließ die Stadt der Signal den Bau von 44 Tiefgaragenplätzen – eine Ersparnis von 1,54 Millionen Mark Baukosten. Der Deal gilt als vorbildlich, aber erst jetzt wurde die Verordnung für Stellplätze auf Landesebene geändert. Nun können die Städte auch flexibler handeln.

An unbeweglichen Unternehmen und dem Beharrungsvermögen der AutofahrerInnen ist inzwischen so manche Pendlerbörse gescheitert. So stellte der VCD (Verkehrsclub Deutschland) in Aachen das Projekt Pendlerpool wieder ein. Die kostenlose Pendlerbörse startete Ende 1992 – der Erfolg stand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand.

Am Geld mangelt es nicht: Allein 21 Millionen Mark investiert die Europäische Union im Rahmen des Projektes Entrance in die Mobilitätsberatungen neun europäischer Städte, darunter Köln. In Dortmund finanzierte das Arbeitsamt die Stelle der Mobilitätsberaterin beim dortigen VCD-Büro. 480.000 Mark spendierten Land und Stadt für 16 Monate. Doch nach einem halben Jahr wurde das Projekt wegen mangelnder Erfolge auf Eis gelegt.

Smoggeplagte Städte wie Los Angeles ergreifen derweil Zwangsmaßnahmen. In der kalifornischen Region sind die 8.500 Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten seit 1989 dazu verpflichtet, einen Verkehrsbeauftragten einzustellen und die Zahl der alleinfahrenden AutopendlerInnen zu verringern. Die durchschnittliche Besetzung der Pkw soll bis auf 1,75 steigen – von jetzt gerade einmal 1,1. Nichteinhaltung der Vorschriften wird saftig bestraft, mit täglich 25.000 Dollar.

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