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Tauben, Glas und Kreiselhäuser

■ Das Grazer Architekturfilmfestival gastiert in Hamburg

Architektur im Film ist, ähnlich wie Theater, eine Transformation mit Tücken. Denn die Verklärung und Vergrößerung, das Spiel mit Detailaufnahmen und bizarren Perspektiven führt doch oft dazu, daß man ein Haus kaum wiedererkennt, wenn man davor steht. Andererseits können Architekturfilme verschlossene Räume öffnen und im besten Fall eine kritische Balance zwischen Vorstellungen und deren Realisation finden.

Das österreichische Architekturfilmfestival film+arc.graz versammelt die verschiedenen Genres, die diese Filmgattung bietet, vom poetisch aufgeblasenen Stadtporträt bis zur Zerkleinerung eines Baus in Bildern. Nachdem das Festival zum ersten Architektursommer 1994 bereits einmal in Hamburg gastierte, wird ab morgen bis zum 5. April erneut das dort zusammengestellte Programm plus hamburgspezifischer Erweiterungen gezeigt.

Bauten von Peter Eisenman und Rem Koolhaas werden filmisch aufbereitet, ein Porträt der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron gibt erzählerisch Einblick in deren Arbeit und die Veränderungen in Osteuropa, Südamerika oder Asien sind Thema größerer Features. Aber auch Taubenzüchter und die Sprengung des Idunahochhauses werden beschrieben.

Um zwei kleine Leckerbissen handelt es sich bei dem Porträt des berühmten Pariser Maison de verre von Pierre Chareau und der Vorstellung des ersten komplett drehbaren Hauses der Architekturgeschichte des Genueser Ingenieurs Angelo Invernizzi (Fotos). Durch die französische Ikone der Glasarchitektur von 1927 führen der britische High-Tech-Architekt Richard Rogers und der Bildhauer Richard Deacon mit wandernder Kamera ins Gespräch vertieft. Und die bizarre Atmosphäre moderner Architektur der dreißiger Jahre, die sich auf einer runden Tonne den Tag über um 360 Grad dreht, fängt der Film Il Girasole in wunderschönen Bildern ein.

Das Hamburg spezial (4. April) versammelt viele Kurzfilme von 1906 bis 1967. Historischen Aufnahmen von Hamburg vor den großen Zerstörungen durch Bomben und Wiederaufbau folgen Bilder der niedergemachten Stadt und über den Bau der Grindelhochhäuser und des Telemichels gelangt die Rolle bis zum Hauptbahnhof und Werbefilmen über Möbel aus den 60er Jahren.

Till Briegleb

Lichtmeß, Metropolis; Termine siehe Programmteil

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