: Staatstrauer bei Strom und Hafen
■ Altenwerder-Schlappe: Wirtschaftsbehörde schweigt ratlos, Finanzbehörde spekuliert auf Einsparung der Hafenausbau-Millionen Von Heike Haarhoff
Ratlosigkeit, Schweigen und ein Maulkorb: Von der peinlichen Altenwerder-Schlappe muß sich der Hamburger Senat noch erholen. Ausgerechnet naturschutzrechtliche Einwände und grobe Schlamperei beim Planfeststellungsverfahren ließen die seit 30 Jahren geplante Hafenerweiterung jetzt auch juristisch scheitern (taz berichtete).
Einen Tag nach der „Hiobsbotschaft“ (Handelskammer) herrschte gestern in der Wirtschaftsbehörde und vor allem im dortigen Amt für Strom- und Hafenbau eine Stimmung wie am Staatstrauertag. Vom Standort Altenwerder möchte man sich nicht verabschieden; unklar ist aber, was mit den bereits genehmigten Hafenerweiterungs-Millionen geschehen soll. Einigkeit besteht darüber, daß der Ausbau erneut Streitthema grün-roter Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Bürgerschaftswahl sein dürfte.
Handelskammer, Opposition und Finanzbehörde spekulieren unterdessen, wie sich die Altenwerder-Millionen umschichten ließen: Minder oder mehr ernstzunehmende Gerüchte kursieren über Wohnungsbau am Wasser, einen Golfplatz auf Altenwerder oder die schlichte Einsparung zur Konsolidierung des schwindsüchtigen Stadtsäckels.
Der im portugiesischen Urlaub weilende Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus erklärte den Hafenausbau-Stopp zur „Chefsache“ und verordnete der Pressestelle von Strom- und Hafenbau Schweigen bis zu seiner Rückkehr am Montag. Auch Staatsrat und Hafen-Chef Heinz Giszas will lieber kein falsches Wort über sein gescheitertes Lebenswerk verlieren.
Rainer Erbe, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, verriet immerhin, daß die im Haushalt veranschlagten zwei Millionen Investitionsmittel zwar „im Prinzip zweckgebunden“ seien. Denkbar sei aber, sie in diesem Jahr einzusparen und in den nächsten Haushalt zu übertragen. „Darüber denken wir erst nach, wenn das OVG über die Beschwerde gegen den Beschluß entschieden hat.“
Finanzbehörden-Sprecher Rainer Wiemers orakelte, „gewisse haushaltsmäßige Entlastungen aufgrund eingesparter Zinsausgaben“ seien nicht verachtenswert. Sollte die Hafenerweiterung endgültig gekippt werden, müßten Senat und Bürgerschaft über eine Neuverteilung der Mittel entscheiden. GAL-Fraktionschef Willfried Maier beteuerte, mit den Grünen werde es auch nach der Wahl keine Hafenerweiterung „an dem Standort“ geben. Statt „dieser ökologischen Grausamkeit“ schlage er „Wohnen am Wasser in Altenwerder“ vor, was die Stadtentwicklungsbehörde bislang ablehnt.
Die Handelskammer sieht aufgrund des Gerichtsbeschlusses „akute Gefahr im Verzuge“ sowie eine Verunsicherung der Hafen-Kunden. Sie empfiehlt ein „zwei-gleisiges Vorgehen“: Erstens sei „der Rechtsweg weiter zu verfolgen“. Sollte er fehlschlagen, sei „parallel sofort ein neues Planfeststellungsverfahren vorzubereiten“.
Rittershaus' Reaktion auf die Vorschläge wird mit Spannung erwartet: Gestern outete er sich im Hamburger Abendblatt als „leidenschaftlicher Golfspieler mit Handicap 22“. Wer weiß, ob er die grünen Hügel Altenwerders nicht längst für seine sportlichen Ambitionen verplant hat?
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