: Kleine Lebenshilfe für den VfB
■ St. Paulis Sturm unterliegt Stuttgarts Abwehr mit 1:1 Von Rainer Glitz
„Vor allem in der zweiten Halbzeit hatten wir die besseren Torchancen“, meinte der sichtlich enttäuschte St. Pauli-Coach Uli Maslo nach dem Kick. „Wir hatten den Gegner gut im Griff und hätten eigentlich zwei Punkte mehr mit nach Hause nehmen müssen.“
Nach der 0:5-Heimpleite gegen Borussia Dortmund war die Angst der Stuttgarter beim ersten Heimspiel nach der Schmach deutlich zu spüren. Die Stadionzeitung betonte in einer „kleinen Lebenshilfe für den VfB-Fan“ trotzig, daß der Anwärter auf einen UEFA-Pokal-Platz zwar die zweitschlechteste Abwehr, aber eben auch den drittbesten Sturm der Liga habe. Bewiesen hat der VfB am Sonnabend vor allem ersteres.
Dabei begann der FC St. Pauli im Schneegestöber verhalten und spielte aus einer massierten Deckung heraus nur selten und mit eher schlechten Steilpässen in Richtung Stuttgarter Tor. Einer davon brachte den Hamburgern in der 12. Minute einen vermeintlichen Vorteil. Michael Bochtler zog gegen Martin Driller die Notbremse und sah folgerichtig die rote Karte. Den darauf folgenden Freistoß hielt jedoch VfB-Keeper Marc Ziegler.
Die erste nennenswerte Chance aber hatte Stuttgart in der 19. Minute – Stephan Hanke hatte Gerhard Poschner gefoult, dessen Freistoß Axel Kruse – unbedrängt von Trulsen und Dammann – zum 1:0 für die Gastgeber ins Netz köpfte. Labsal für den Ex-Rostocker Kruse, der sich unlängst in einer großen Stuttgarter Zeitung als Wähler des CDU-Rechtsaußens und VfB-Chefs Gerhard Mayer-Vorfelder geoutet hatte. Der, so Kruse, sei wenigstens gegen die PDS.
Danach setzte sich aber zusehends St. Pauli in Szene. Die größte Möglichkeit vergab Oliver Schweißing in der 33. Minute. Bei den Platzherren dagegen blieben Elber und Balakov trickreiche, aber erfolglose Alleinunterhalter.
In der zweiten Hälfte änderten sich Wetter und Aufstellungen beider Teams – die Sonne kam, Hanke ging. Für ihn und den glücklosen Scharping spielten Zmijani und Gronau. VfB-Übungsleiter Rolf Fringer, anders als der sportlich-legere Kollege Uli Maslo im grünen Lodenmantel, ersetzte Publikumsliebling Kruse durch Legat und damit Offensive durch Defensive – ohne Erfolg. Drosch Christian Springer den Ball noch freistehend am Gehäuse vorbei (63.), machte es Martin Driller neun Minuten später besser: Nach Paß von Springer drückte er die Kugel zum verdienten Ausgleich in die Maschen.
Zum Auswärtssieg, wie ihn die sinnigerweise im Block 68 eingepferchten St. Pauli-Fans lautstark forderten, reichte es freilich nicht mehr. Joker Kay Stisi hätte fast noch den Siegtreffer erzielt, doch der Exil-Schwabe zog in der 76. Minute am Tor vorbei – trotz der zweitschlechtesten Schwaben-Abwehr.
VfB Stuttgart: Ziegler – Foda – Grimm (78. Schäfer), Herzog – Bochtler, Buck (83. Gilewicz), Schwarz, Balakov, Poschner – Kruse (57. Legat), Elber
FC St. Pauli: Thomforde – Dammann – Stanislawski, Pedersen – Driller, Hanke (53. Zmijani), Trulsen, Dinzey, Springer – Schweißing, Scharping (53. Gronau)
Schiedsricher: Dardenne (Mechernich) – Zuschauer: 23 000
Tore: 1:0 Kruse (19.), 1:1 Driller (72.)
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