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Wilde Entschlossenheit zur Reform

■ SPD verschärft Bedingungen für Volksgesetzgebung und plant neues Wahlgesetz

Die SPD ist wild entschlossen, noch vor der Sommerpause eine Reform von Verfassung, Parlament und Wahlrecht durch die Bürgerschaft zu boxen. SPD-Fraktionsvize Jan Ehlers: „Das hauen wir jetzt durch.“ Kollege Kleist: „Das wird durchgeknackt.“ Und die für ihre Sparsamkeit berüchtigte SPD-Fraktionschefin Elisabeth Kiausch wettete gestern mittag darauf gar eine „gute Buddel Wein“ mit NDR-Redakteur und Berufsskeptiker Reinhold Baumann.

In einer laut Kiausch „außerordentlich sachlichen und gründlichen Beratung“ diskutierte die SPD-Fraktion am Wochenende den ganzen Katalog der nach dem Diätenskandal 1992 angeleierten Reformen aus. Kiausch stolz: Immerhin 70 der 100 Vorschläge, welche zu Beginn des Reformprozesses von einer Enquete-Kommission vorgelegt wurden, seien in der SPD-Beschlußlage noch mehr oder weniger übriggeblieben.

Meistens weniger: So hält die SPD am Amateurparlament fest. Das bedeutet mit 4000 Mark pro Monat zwar nur geringe Diäten für die Abgeordneten – ermöglicht aber gerade die von Sozialdemokraten im öffentlichen Dienst gern praktizierte Doppelalimentierung durch Job im öffentlichen Dienst und Bürgerschaftsdiät. In diesem Punkt weiß die SPD die CDU stramm hinter sich: Die Mehrzahl der CDU-Abgeordneten lehnt eine über das heutige Maß hinaus gehende Arbeit im Parlament ab.

Anders als die SPD ist die CDU deshalb auch gegen Wahlkreise. Ein CDU-Insider zur taz: „Viele bei uns fürchten, als Wahlkreisabgeordnete erstmals wirklich politisch arbeiten zu müssen.“ Die SPD besteht auf der Einführung von 57 Wahlkreisen und einer Abschaffung der Zweitstimme – dies erhöht die Chance, auch bei schlechten Wahlergebnissen als relativ stärkste Partei überproportional an Sitzen zu gewinnen. Gerade an diesem Punkt ist noch heftiger Streit mit anderen Parteien programmiert: GAL und Statt Partei wollen das 2-Stimmen-Wahlrecht behalten.

„Weil bei uns einige Angst vor einer Volksgesetzgebung haben“, so Jan Ehlers, legte die SPD die Hürden für den Volksentscheid noch einmal mächtig höher: Ein erfolgreicher Volksentscheid erfordert eine Beteiligung von mindestens 50% der Wahlberechtigten (620.000 Stimmen) – dann reicht die einfache Mehrheit von Ja-Stimmen. Ist die Beteiligung niedriger, ist ein Ja von einem Drittel der Wahlberechtigten (415.000 Stimmen) notwendig. Zum Vergleich: 1991 reichten der SPD 393.000 Stimmen (31% der Wahlberechtigten), um mit absoluter Mehrheit zu regieren, 1993 erzielten SPD und Statt Partei zusammen gerade mal 388.000 Stimmen. Für Jan Ehlers ist das alles kein Problem: „Wir halten am Prinzip der repräsentativen Demokratie fest. Die Volksgesetzgebung ist nur für den Notfall gedacht.“ Die Grünen sehen das anders: Ihr Landesparteitag am Wochenende forderte deutliche Verbesserungen bei der Volksgesetzgebung. Ihr Vorbild: „Bayerische Verhältnisse“.

Florian Marten

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