: Jobs und Profit dank Öko-Subvention
■ Ökonomisches Antidepressivum: Mit Senatshilfe steigert die Kraftwerksfirma BTB ihre Arbeitsplatzzahl von 3 auf 100
Subventionen können sich lohnen. Der Staat muß sie nur zur rechten Zeit an die richtigen Leute zahlen. Im Falle eines jungen Unternehmens in Moabit waren die sonst oft verschnarchten Berliner Bürokraten so hellsichtig, ihre Millionensubventionen in ein neues, aussichtsreiches Produkt zu investieren: in umweltfreundliche Kraftwerke zur Energiegewinnung. Die Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreiber GmbH (BTB) bekam vom Senat 15 Millionen Mark und stampfte damit hundert gewinnbringende Arbeitsplätze aus dem Boden.
Die von BTB-Geschäftsführer Reinhard Locke präsentierte Betriebschronik treibt PolitikerInnen und UnternehmerInnen freudigen Glanz in die trüben Augen. Die wirtschaftliche Depression ist vergessen – man darf vom Berliner Aufschwung träumen. „1990 begannen wir zu dritt, seitdem hat sich die Zahl der Arbeitsplätze mehr als verdreißigfacht.“
Die BTB baut heute kleine Kraftwerke, die gleichzeitig Strom und Wärme herstellen – und konzentriert sich nicht nur auf eine Energieart wie viele Großkraftwerke. Das Unternehmen kann die Energie für Wohnungen, Krankenhäuser und Fabriken deshalb billiger verkaufen als die Bewag. Die Verpestung der Luft sinkt im Vergleich zu konventioneller Technik um 30 bis 50 Prozent. Ein weiterer Pluspunkt: Die Anlagen sind auf den speziellen Bedarf der Kunden zugeschnittenen, gehören ihnen aber nicht. Betrieb und Wartung übernimmt die BTB als Dienstleistung.
Der Energiespezialist Locke mußte in der DDR als Heizer in einer Ostberliner Kirchengemeinde unterkriechen. Schließlich reiste das mißliebige Element nach Westen aus. Dort hatten Locke und die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt den richtigen Riecher.
Das Unternehmen ist mittlerweile der größte alternative Energieversorger der Stadt. Es betreibt neun dezentrale Blockheizkraftwerke und eine Windanlage. Das Uni-Klinikum Benjamin Franklin heizt ebenso mit BTB-Wärme wie die Melitta-Filterfabrik in Neukölln und die Marzipanfirma Moll. In Treptow arbeitet die BTB als größter Wärmelieferant. Der Jahresumsatz betrug 1995 rund 37 Millionen Mark. Man steht jetzt auf eigenen Beinen, staatliche Förderung ist überflüssig geworden.
Der Senat unterstützte den Betrieb aus der Öko-Nische, obwohl der Konflikt mit dem monopolistischen, überwiegend landeseigenen Energieversorger Bewag vorprogrammiert ist. Gegenwärtig darf die BTB nur dann Strom liefern, wenn sich Kraftwerk und Verbraucher auf demselben Grundstück befinden. Leitungen, die zur Verbindung mehrerer Kunden über öffentliche Flächen führen, sind der Bewag vorbehalten. Doch Reinhard Locke hofft, daß die Europäische Union bald den Wettbewerb freigibt: „Wir freuen uns schon darauf, daß nach der Telekom auch noch das letzte Monopol fällt.“
Die Umweltförderung des Senates für kleine und mittlere Unternehmen, aus der auch die BTB finanziert wurde, läuft bereits seit 1989. Bis 1999 will man über 500 Betriebe mit rund 10.000 Arbeitsplätzen unterstützen, um den industriellen Zusammenbruch zumindestens teilweise auszugleichen. Hannes Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen