: Unterm Strich
Auf der Leipziger Buchmesse hatten alle ihren Spaß. Selbst Salman Rushdie zeigte sich verschmitzt, als er beim Auftritt in der Leipziger Stadtbibliothek nach seiner Angst vor der Fatwa gefragt wurde: Dies sei ein „außerordentlich langweiliges Thema“, so der exiliranische Schriftsteller. Viel lieber wollte er mit den scharf auf Waffen kontrollierten Vortragsgästen über seinen neuen Roman plaudern. In 15 Ländern hat er ihn bereits vorgestellt – sehr zum Ärger seiner Sicherheitskräfte. Sie waren von Anfang an gegen die öffentlichen Auftritte Rushdies, aus Angst, es könnte Demonstrationen und andere Proteste geben. „Ich habe schon lange Zeit gewußt, daß so etwas nicht passiert“, meinte der Brite, der seit 1989 im Versteck lebt. Die Herausgabe seines neuesten Buches „Des Mauren letzter Seufzer“, an dem er fünf Jahre schrieb, sei für ihn der geeignete Moment gewesen, der Fatwa zu trotzen. Der 48jährige wagte sich damit erstmals seit Verhängung der Fatwa in Deutschland an die Öffentlichkeit. Erst am Samstag hatte der Führer des britischen Muslimparlaments, Kalim Siddiqui, das Todesurteil Ajatollah Chomeinis gegen Rushdie verteidigt. Dies hält ihn jedoch nicht davon ab, sich künftig häufiger an die Öffentlichkeit zu wagen. In Leipzig erklärte Rushdie auch, daß er sich bald einen Jugendtraum erfüllen wolle. „Ich wollte als junger Mann schon immer Schauspieler werden.“ Vielleicht wird dieser Traum demnächst wahr: Vor kurzem habe ein bekannter Schauspieler ihm eine Rolle in einem französischen Film angeboten. „Ich werde mir überlegen, ob ich sie annehme“, sagte Rushdie.
Nach der vorzeitigen Schließung einer Ausstellung mit Werken des Malers Gerhard Richters in der privaten „Kunsthalle Dresden“ hat der Kölner Ausstellungskurator Hubertus Butin schwere Vorwürfe gegen die Veranstalter erhoben. Die wertvollen Bilder eines der bedeutendsten deutschen Künstlers seien zur „Partydekoration“ degradiert worden, heißt es in einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme Butins. Er bezeichnet es als skandalös, daß in den Ausstellungsräumen des Dresdner Art-Hotels mehrere Großveranstaltungen abgehalten worden seien. Das ist nicht neu: Auch im Berliner Schloß Charlottenburg oder dem Pergamon-Museum hat es in den letzten Jahren häufig Abendbüfetts oder kunstfremde Empfänge gegeben. Die vor knapp zwei Wochen eröffnete Ausstellung mit Werken Richters war am Donnerstag geschlossen worden. Die Ausstellung sollte ursprünglich bis zum 5. Mai gezeigt werden. Butin wirft dem Hauptveranstalter „Neuer Sächsischer Kunstverein“ mangelnden Respekt gegenüber Person und Arbeit des in Dresden geborenen Künstlers und ein Desinteresse an konservatorischer Sorgfalt vor. Der Kunstverein selbst hatte Butins Vorgehen scharf kritisiert und mögliche rechtliche Schritte gegen den Ausstellungsorganisator angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen