Terror in der Schwarzwaldklinik

■ Das Kino 46 zeigt die Hospitalgroteske „The Kingdom – Hospital der Geister“

Können Sie sich die Schwarzwaldklinik als Geisterhaus vorstellen? Professor Brinkmann, der von seinen Kunstfehlern heimgesucht wird? Oder Fachärzte, die so gierig nach den krebsverseuchten Körperteilen ihrer Patienten sind, daß sie sie sich selber einpflanzen lassen? Die meisten Konsumenten von Seifenopern würden darauf natürlich sofort mit einem Griff zur Fernbedienung reagieren. Aber für all jene, die einen wahrhaftigen Horror vor der alltäglichen Trivialität der Fernsehserien haben, wäre dies jedoch ein großer Spaß. Und genau diesen bietet der Regisseur Lars von Trier mit seiner fünfteiligen Hospitalgroteske „The Kingdom – Hospital der Geister“, die von heute bis Samstag im Kino 46 in der dänischen Originalfassung mit Untertiteln gezeigt wird.

In „Twin Peaks“ hat David Lynch als erster bewiesen, daß man mit genügend Talent und Witz die Seifenopern mit ihren eigenen Konventionen umkrempeln kann. Aber im Vergleich zu den Geistern, die von Trier in dem Kopenhagener „Reichshospital“ losläßt, erscheinen die Vorkommnisse um den Mord an Laura Palmer geradezu harmlos.

Nach seinem Film „Europa“, mit dem er völlig humorlos und angestrengt beweisen wollte, welch ein großer Filmemacher er doch ist, hätte man von Trier solch einen respektlosen Rundumschlag kaum noch zugetraut. Aber zum Glück ist er zurückgekehrt zu seinem ewigen Gelbstich, der wackeligen Handkamera und den ruckartigen Schnitten, die durch seinen Debütfilm „The Element of Crime“ zu seinem Markenzeichen wurden. Und er hat seinen Humor wiedergefunden, denn neben der Endlosdramaturgie der Serie sowie den Horror- und Splattereffekten der B- und C-Movies ist es vor allen Dingen der makaber-komische Grundton, der „The Kingdom“ zu solch einem Vergnügen macht. Der schwedische Arzt Helmer wird etwa von Ernst Hugo Järegard als ein so maßlos überheblicher Kotzbrocken gespielt, daß man sich über jedes seiner Mißgeschicke von Herzen freut. Der Chefarzt Moesgaard ist dagegen ein ewiger Lächler, der keinen Schimmer hat, was in seinem Krankenhaus vor sich geht. Wirklichen Durchblick haben nur zwei mongoloide Jugendliche, die ständig in der Küche abzuwaschen scheinen und wie ein griechischer Chor die Handlung beobachten und kommentieren. Von Trier hat den Film vollgestopft mit solchen aberwitzigen Ideen, und so ist es nur konsequent, wenn Udo Kier (der Lieblingsfreak des abseitigen Kinos zwischen Schlingensief und Gus van Sant) im „Kingdom“ als Zwölfwochenkind von einer Krankenschwester geboren wird. Von Trier trampelt mit einem boshaftem Übermut auf den Empfindlichkeiten seiner Zuschauer herum. Blut spritzt, ein Kopf rollt im Krankenhausflur herum und die gesellschaftliche Satire trifft so genau, daß man wirklich Angst vor dem Krankenhaus bekommen kann. Der makabere Höhepunkt am Schluß der letzten Folge löst natürlich keinen der Spannungsbögen endgültig auf, und der Zuschauer wird auf die folgenden Fortsetzungen vertröstet. Diese haben das dänischen Fernsehen, Arte und der WDR inzwischen schon bei von Trier in Auftrag gegeben. Vor einigen Wochen wurde die Serie mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet – soweit hat es „Die Schwarzwaldklinik“ nie gebracht.

Wilfried Hippen

Kino 46 (Waller Herrstr. 46); Teil 1: heute 20.30 Uhr, Teil 2: Samstag 20 Uhr; beide Teile zusammen: Freitag 18.30 Uhr