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Steinharte Töne in der Baubranche

■ Sollten die Verhandlungen um Mindestlohn scheitern, drohen Arbeitgeber mit Lohnsenkungen. IG Bau streikbereit

Während gestern in Frankfurt am Main die Tarifparteien im Baugewerbe zu Schlichtungsverhandlungen zusammenkamen, wurde in Berlin der Ton zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern schärfer.

Für den Fall, daß bei den Verhandlungen keine Einigung über einen Mindestlohn für ausländische Bauarbeiter erzielt werde, drohte der Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau, Wolf Burkhard Wenkel, mit einem „tariflosen Zustand“. Der Berliner IG-Bau-Chef Klaus Pankau erklärte daraufhin, Lohnsenkungen seien nicht möglich. Falls die Tarifverhandlungen scheiterten, gelte der alte Tarifvertrag weiter.

Mit dem Mindesteinkommen für Bauarbeiter aus der Europäischen Union (EU), der Voraussetzung für die Verabschiedung eines Entsendegesetzes, sollen die Wettbewerbsvorteile der Billiglohnfirmen auf den Berliner Baustellen eingeschränkt werden. In dieser Forderung sind sich die Fachgemeinschaft Bau, der Arbeitgeberverband der kleinen und mittleren Baufirmen und die IG Bau einig.

„Sollte es uns allerdings nicht gelingen, die Löhne der ausländischen Bauarbeiter in Richtung der deutschen Löhne anzuheben“, drohte allerdings Arbeitgebervertreter Wenkel, „dann müssen wir eben die Löhne der deutschen Arbeiter auf das Niveau der ausländischen senken.“

Neben der Einführung eines Mindestlohns wird zwischen Bauarbeitgebern und Gewerkschaften auch über die turnusmäßige Lohn- und Gehaltsrunde verhandelt. Sollten die Schlichtungsverhandlungen scheitern, hat die IG Bau, Agrar, Umwelt bereits die ersten Streiks in der Baubranche in der Nachkriegszeit angekündigt. Der Berliner IG-Bau-Vorsitzende erklärte: „Die einheimischen Beschäftigten haben eine hohe Bereitschaft, in den Arbeitskampf zu gehen.“

Die Krise in der Baubranche, bei der immer mehr kleine Firmen von Generalunternehmern mit Subunternehmern und Billiglohnfirmen im Schlepptau verdrängt werden, ist in Berlin am deutlichsten zu spüren. Die Fachgemeinschaft Bau rechnet für 1996 mit 30.000 arbeitslosen Bauarbeitern in Berlin – bei einem anhaltend hohen Bauvolumen. Als Grund für die Krise der mittelständischen Unternehmen nennt Wenkel den Zustrom von Billiglohnkräften aus der EU sowie die Beschäftigung von etwa 30.000 illegalen Bauarbeitern, vorwiegend aus Osteuropa. Über 380 mittelständische Baufirmen sind im vergangenen Jahr in Konkurs gegangen.

IG-Bau-Chef Pankau rechnete bei den gestrigen Verhandlungen nicht mit einem Schlichtungsergebnis. Der Grund sei die äußerst komplizierte Interessensituation. Während die Gewerkschaft in der Frage der Entsendelöhne mit den mittelständischen Arbeitgebern durchaus am gleichen Strang ziehe, zeigten sich gerade die kleinen Baufirmen in den Verhandlungen über die turnusgemäße Lohnrunde wenig kompromißbereit. wera

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