Ein Fall für die Maigret-Fraktion

■ Ostern entschleunigt: „Verschwörung im Dunkeln“ (ab morgen, 21.20 Uhr, ZDF)

Es gibt überhaupt nichts gegen Langeweile einzuwenden; aber gepflegt muß sie sein.

Gerade Feiertage erscheinen besonders geeignet für distinguierte Fernsehlangeweile. Wie gut, daß auch das ZDF das so sieht. In homöopathischen Dosen wird ab Karfreitag das Programm kultiviert entschleunigt. In „Verschwörung im Dunkeln“ nämlich – und mit Marcello Mastroianni in der Hauptrolle. Ein großer Schleicher vor der Kamera; mal langsam mit Mord, Werbeblock, Ermittlung, Aktion. Als dezent übellauniger Kommissar Santamaria schnuffelt er sich bei Nebel, Regen und Schnee durch einen komplizierten Fall, geplagt von Kopf- und Gliederschmerzen.

Später verbindet ihn eine hauchzarte Romanze mit der eleganten Marie Laforet. Oder er plänkelt – dann und wann nicht ganz unkomisch – leise mit Max von Sydow, der als Erzbischof umherwandelt. Durch die Turiner Straße begleiten den Pensionierungswilligen eine Kollegin mit chronischem Liebeskummer und ein seelenverwandter Polizist mit Depressionen.

Es ist zum sanft Einnicken. „Hat sich in der Zwischenzeit etwas Neues ergeben?“ – „Nein, bedauerlicherweise nur wenig“, antwortet Mastroianni. Aber was ist daran bedauerlich?

„Verschwörung im Dunkeln“ ist freilich ein Härtetest für Krimifreunde, die mit „Miami Vice“ sozialisiert wurden. Denn bei der deutsch-italienischen Koproduktion handelt es sich um einen hoffnungsvoll altmodischen Film. Beinahe, als schäme sich das Filmmaterial sogar noch für den Rest seiner entsättigten Farbigkeit. Großaufnahmen würden hier nahezu obszön wirken, nur manchmal wird zaghaft rangezoomt. Gespräche gibt es zumeist in Zweiereinstellungen, und sogar Gesprächspausen von über fünf Sekunden Länge kommen vor. Würde Mastroianni nicht ab und zu mit neumodischer Kommunikationstechnologie konfrontiert – und immer dann schaut er besonders hilflos aus der Hornbrille –, man möchte schwören, die europäische Fernsehproduktion stamme aus den Siebzigern. Ganz der Vorläufer von „Die Sonntagsfrau“ von Luigi Comencini. Dort spielte Mastroianni 1975 schon einmal den Santamaria. Ebenfalls nach einer Bestsellervorlage des Autorenduos Carlo Fruttero und Franco Lucentini. Das ist wie bei Derrick, nur in episch und auf italienisch – mit Mafia und teuren Schuhen. Ein Fall für die Maigret-Fraktion: Erst wird ein sektierischer Priester von seiner Kanzel gebombt, dann nach und nach immer mehr reiche, schöne, merkwürdige Verdächtige verhört. Bis sich alles angenehm verwirrt hat. Am Ende des ersten Teils gibt es den leichten Ansatz eines Cliffhängers. „Topos“ lautet das Rätselwort, welches ein Polizist kurz vor seiner Ermordung noch geschrieben hat. Was das bedeuten könnte, damit beschäftigt sich der zweite Teil. Ich wage einmal einen entspannten Tip: Da im Film auch ein leitender Angestellter von Fiat verdächtig erscheint, steckt bestimmt Industriespionage oder so was hinter dem Priestermord. Vielleicht die Entdeckung einer neuen tollen Kiste: nicht Uno, nicht Tipo, sondern Topo mit S für slow.

Würdigen wir also gelassen diese entschleunigte Krimimeditation. Denn gewiß ist: Auch diese Feiertage gehen vorbei. Und dann wollen uns wieder „Die Partner“ oder „Alarm für Cobra II“ jung, dynamisch, kriminalistisch unterhalten. Bei denen gibt's garantiert keine angenehme Langeweile, nur ungeahnte Dimensionen der Unlust, der Fadheit ... Jörg Adolph

Teil 2: Ostersonntag, 21.45 Uhr