Das Portrait
: Küchenweise

■ Henriette Davidis

Henriette Davidis schrieb den ersten Kochbuchbestseller Foto: Lila Archiv e. V.

„Zuverlässige und selbstgeprüfte Recepte der ungewöhnlichen und feinen Küche“ hieß ein 1845 herausgekommenes Kochbuch des Bielefelder Verlags Velhagen und Klasing. Geschrieben hatte es Henriette Davidis, und ihre damals so genannte „Lebenshilfe und Pflichtlektüre“ für jede Frau, die sich auf ihre Rolle als „Gebieterin des Hauses“ vorbereite, wurde ein Bestseller. Ihr Kochbuch wurde bis zu ihrem Tode 1876 einundzwanzigmal aufgelegt. Heute ist Henriette Davidis 120 Jahre tot.

Jahrelang war sie durch deutsche Lande gereist, um in Restaurants, bei Freunden und Bekannten sowie in Schulküchen über 850 Rezepte zu sammeln. Nebenbei arbeitete sie als Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin an einer Mädchenschule in Sprockhövel bei Wuppertal. Von dort siedelte sie später nach Dortmund über, wo sie im April 1876 starb.

Im Vorwort ihrer Rezeptsammlung, die wegging wie warme Semmeln, schrieb Davidis, daß es ihr auf „möglichste Sparsamkeit“ beim Zusammenstellen ihrer kulinarischen Tips angekommen sei. An die „kleinen Leute“ habe sie dabei aber nicht gedacht. Ganz im Gegenteil richtete sich ihr Kochbuch vor allem an den bürgerlichen Mittelstand, für den Sparsamkeit in ihrer Zeit eine notwendige Tugend war. Die Zutaten zu manchem Gericht hätten einen Arbeiterhaushalt bereits seines halben Lohns beraubt.

Obwohl Kochbücher derzeit der letzte Renner auf dem Buchmarkt sind – selbst im Nachlaß von Toten finden LektorInnen nie geschriebene Rezepte wie gerade im Falle der mexikanischen Malerin Frida Kahlo –, dürften einer Neuauflage von Davidis' Buch jetzt ihre Rezepte selbst im Wege stehen. Zum Leib- und Magengericht der Stadt Dortmund wurde nämlich ihr „Pfefferpotthast“, ein Ragout von Rindfleisch: „Durchwachsenes, nicht zu frisches Fleisch wird gut geklopft, in viereckige Stücke geschnitten und mit etwas Salz ausgeschäumt. Dann thut man recht viel gewürfelte Zwiebeln, Dragon, Pfeffer und Nelken, nebst einem Stück Weißbrod oder geschwitztem Mehl hinzu und läßt es gahr kochen. Eine Stunde vor dem Anrichten gibt man etwas Essig an die Sauce.“ Es ist nicht bekannt, an welcher Erkrankung Henriette Davidis verstorben ist, aber in Zeiten drohender Hirnerweichung infolge Rindfleischkonsums sind mit Potthast wohl voerst keine Mäuse mehr zu verdienen. Petra Welzel