: Skiurlaub für reiche Saudis
■ Neben Kulturtourismus bietet der Libanon Wasser und Berge. Vor Mitbringseln aus der Bekaa-Ebene sei gewarnt
Im März 1993, drei Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges, war der Libanon erstmals wieder auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin vertreten. Mittlerweile haben auch eine Reihe deutscher Reiseveranstalter das Land erneut in ihr Programm aufgenommen. Angeboten werden meist ein- oder zweiwöchige Studien- oder Rundreisen, häufiger jedoch Package Tours in Kombination mit Syrien und Jordanien.
Zweifelsohne möchte der Libanon den Tourismus wieder ankurbeln. Bis in die frühen siebziger Jahre hinein war das Land ein beliebtes Reiseziel für Urlauber aus westeuropäischen und arabischen Staaten. Daran will das Ministerium für Tourismus in Beirut heute wieder anknüpfen. Aber Nasser Saffeddin, Berater des Ministers, ist Realist. Seither habe sich der Tourismus verändert, sagt er, damals seien es vorwiegend wohlhabende Schichten gewesen, die sich eine Reise hätten leisten können, während sich heutzutage praktisch jeder einer günstigen Gruppenreise anschließen könne. Für einen Massentourismus wie in der Türkei oder Zypern, so Saffeddin, sei das Land nicht geschaffen. Dafür fehle die nötige Infrastruktur, auch wenn mit aller Kraft an der Instandsetzung der im Bürgerkrieg zerstörten Hotels gearbeitet wird.
Saffeddin setzt vor allem auf Gruppen von Studienreisenden, die die historischen Stätten besuchen möchten. Zusätzlich wird, was die Skiressorts in den Bergen anbelangt, in den Golfstaaten geworben: Für wohlhabende Araber wie auch für ausländische Fachleute ist ein kurzer Winterurlaub im Libanon allemal billiger als eine Reise nach Sankt Moritz.
Aktuelle Zahlen über die Entwicklung des Libanontourismus gibt es noch nicht. Vor dem Krieg besuchten jährlich über zwei Millionen Menschen das Land, davon waren 58 Prozent Touristen. Heute gibt es ledigliche Angaben über die Einreise am Flughafen von Beirut. Im Jahre 1995 waren das – syrische Staatsbürger nicht mitgerechnet – 409.735 Personen (1994: 335.181). Für dieses Jahr erhofft sich das Ministerium eine Steigerung um knapp 20 Prozent. Diese Zahlen schließen aber Geschäftsleute ebenso ein wie Personen, die ihre Familien besuchen. Während im vergangenen Jahr 65,1 Prozent über den Flughafen einreisten, kamen 30,9 Prozent über den Landweg aus Syrien. Neben dem regen Verkehr zwischen beiden Ländern fallen unter diese Rubrik auch Touristen, die eine Rundtour durch mehrere arabische Länder machen.
Der Libanon mit seiner Kombibation aus Mittelmeerküste, Bergen und historischen Stätten ist sicher ein attraktives Reiseziel. Wen das Meer lockt, sollte es sich gut überlegen, ob er ins Wasser springen möchte oder nicht. In den großen Städten wurde der Müll im Krieg ins Meer gekippt (und in den Bergen in die Schluchten). Diese Halden sollen jetzt abgesenkt und versiegelt werden. Dieses Projekt ist auf zwei Jahrzehnte angesetzt. Da der Libanon kaum industrialisiert ist, wird das Wasser weniger durch Chemiekalien, sondern vor allem durch Bakterien verschmutzt. Die Abwässer fließen ungefiltert ins Meer. Die saubersten Strände sind nach Angaben des Mittelmeerbüros von Greenpeace zwischen Damur und Saida südlich von Beirut oder nördlich der Hafenstadt Tripli zu finden.
Mit Ausnahme des israelisch besetzten Teils im Süden kann man heute alle Straßen wieder unbedenklich befahren. Wer alleine unterwegs ist und an einem abgelegenen Plätzchen einen Picknick machen möchte oder eine Wanderung durch die Berge – was durchaus möglich ist – sollte sich zur eigenen Sicherheit vorher im Hotel nach Minen erkundigen. Nach einem Bericht des US-amerikanischen Außenministeriums waren 1993 noch mindestens 20.000 verbuddelt.
Wer mit dem Land hauptsächlich roten oder grünen Libanesen verbindet, sollte Vorsicht walten lassen. Nicht zuletzt auf Druck der USA im Rahmen des nahöstlichen Friedensprozesses haben die libanesische und syrische Armee – unter deren wohlgefälligen Augen während des Bürgerkrieges große Plantagen in der Bekaa-Ebene entstanden – die meisten Hanffelder planiert. Wer jedoch auf seinen Joint nicht verzichten will, wird ihn bekommen. Aber selbst ein Gramm Haschisch reicht aus, um sich schnell im Knast wiederzufinden. So sei vor derartigen netten Mitbringseln aus der Bekaa hiermit ausdrücklich gewarnt. Beate Seel
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