: Statt-Chef Reichert zur Regierungskrise „Unmündig gehalten“
taz: In dieser Woche soll der Kooperationsausschuß die rot-graue Regierung retten. Wie wollen Sie ohne Gesichtsverlust aus dem Schlamassel wieder herauskommen?
Achim Reichert: Der Streit ist größtenteils von der SPD, beziehungsweise von Bürgermeister Voscherau persönlich ausgegangen. Anders als bei der Gewerbesteuer ist die Reform der Bezirksverwaltung und der Verfassung im Kooperationsvertrag ausdrücklich vereinbart. Der Bürgermeister wird erklären müssen, warum er von diesem Konsens abweicht.
Werden Sie das von Ihnen geforderte Zwei-Stimmen-Wahlrecht für die Bezirksverwal-tungsreform opfern?
Man kann nicht das eine Thema gegen das andere aufwiegen. Die Bezirksverwaltungsreform wird schon so lange diskutiert, daß sie rundgelutscht ist. Da kann man nur noch entscheiden, ob man sie will oder nicht. Für uns geht es um die Frage, ob wir uns damit abfinden, wenn der Bürgermeister sagt, er wolle die Reform jetzt nicht mehr.
Wie wollen Sie Voscherau denn umstimmen?
Der Bürgermeister wird uns seinerseits mit Negativbeispielen aus den Bezirken zu beeindrucken versuchen. Es gibt unrühmliche Fälle, aber das ist kein Argument. Wenn man jemanden unmündig hält, verhält er sich auch so. Das weiß man schon aus der Kindererziehung. Die Frage ist, ob man den Bezirken zutrauen will, in ihre Rolle hineinzuwachsen. Und ich will.
Voscherau aber nicht.
Der Bürgermeister möchte eigentlich gar keine Bezirke, nicht einmal die Beibehaltung des Ist-Zustands. Er will unbeeinflußt schalten und walten können, ohne daß ihm die Bezirke in die Suppe spucken.
Was haben Sie dem Totschlagargument, die Reform sei zu teuer, entgegenzuhalten?
Daß es falsch ist. Geplant ist vielmehr, daß die Umsetzung am Tag Null aufwandsneutral ist und danach kostensenkend.
Wird es noch in diesem Jahr Neuwahlen geben?
Bei einem Scheitern der Verhandlungen werden wir uns grundsätzlich fragen müssen, ob wir mit dem rot-grauen Bündnis weitermachen wollen.
Fragen: Silke Mertins
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