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HipHop mit schwarzem Top

■ TripHop aus Bremen servierten „Czech“ auf den Höfen

Seit einigen Monaten versichern sich für gut unterrichtet haltende Kreise regelmäßig, daß „im nächsten Monat ganz bestimmt“ die CD des Bremer Duos beim internationalen Plattenriesen „Virgin“ erscheine. Inzwischen sind „Czech“ wohl selbst schon ganz aufgeregt und feierten ihre CD am Karfreitag im voraus. Zwar ist das Werk noch immer nicht erschienen, dafür gibt es inzwischen einen definitiven Termin für die Veröffentlichung, den 22. Mai.

Immerhin konnte man im Studio auf den Höfen schon mal live hören, worum es bei der ganzen Aufregung geht. Nämlich um die deutsche Vorreiterschaft im Bereich TripHop, jener Musik, die die Musikpresse am liebsten hört und die in der einheimischen Tonträgerproduktion dennoch ein wenig stiefmütterlich behandelt wird. Dieser leicht bis schwer melancholischen Mischung aus trancigem Techno, verhalten instrumentiertem HipHop und süßlichem Gesang haben sich „Saprize“-DJ Greg Core und „Pearly Passion“-Sängerin Kate Goreng angenommen. Greg Core, eigentlich Gregor, hatte ein paar softere Tracks aufgenommen, mit denen er bei seinen ruppigen Band-Kumpels nicht landen konnte, und la Goreng wildert eh gerne in den unterschiedlichsten Genres. So ward „Czech“ geboren.

So melancholisch, wie einige es im Vorfeld befürchtet hatten („Das wird bestimmt Musik zum Teetrinken ...“) wurde es dann aber gar nicht. Einige Songs kamen sogar äußerst sonnig daher, was vor allem am oftmals fröhlichen Gesang der Frontfrau und ihrer sonnigen Art lag. Den Gast-DJ Goldfinger stellte sie als den „lustigen HipHopper, den wir gerade am Eck getroffen haben“ vor, das angetane Publikum neckte sie mit ihrem typischen Understatement: „Gefällt euch das denn ein bißchen?“ Eine „Pearly Passion“-Kennerin fürchtete: „Hauptsache, sie steppt nicht wieder ...!“ Tat sie nicht.

Verhehlen konnte man Ähnlichkeiten zu „Pearly Passion“ trotzdem kaum, was nicht von ungefähr kam: Am Klavier wurden „Czech“ vom perligen Pianisten Nathan Paulsen begleitet, der mit flinken Fingern ein ums andere Mal den Sound dominierte. Des weiteren hatte man sich drei Streicher „aus Nordenham“ eingeladen. So booteten Klavier und Saiten die elektronischeren TripHop-Elemente des öfteren einfach aus, was die DJs dazu verdonnerte, höchstens die zweite Geige zu spielen.

Sehen konnte man den Mann am Klavier und die Menschen an den Geigen allerdings kaum, wenn man nicht gerade ganz vorne stand. Eine Unzahl von Schaulustigen hatte es in das Studio auf den Höfen verschlagen, die durch die Schlauchform des Veranstaltungsortes eher zu Hörlustigen wurden. Von den schlechteren Plätzen aus konnte sich das Auge lediglich an der dezenten Lichtshow aus Kreis- und Punktmustern sowie an Kate Gorengs hoch aufragender Gestalt in schwarzem Top, hochgesteckter Frisur und ellenbogenlangen Edel-Handschuhen erfreuen. Die Freude war leider kurz, weil es das Konzert auch war. Jetzt kann man bis Ende Mai abwarten und vielleicht tatsächlich Tee trinken.

Andreas Neuenkirchen

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