: Ostergewitter über Lafontaine
■ Exverteidigungsminister Apel ballert gegen SPD-Chef: Ein „Luftikus“. Und Thierse beklagt das diffuse Bild der Partei
Frankfurt/Main (AP) – In der SPD brodelt es nach der Schlappe bei den Landtagswahlen. Zunehmend wird die Parteiführung kritisiert.
Exverteidigungsminister Hans Apel machte den SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine persönlich für die Krise der Sozialdemokraten verantwortlich. Er nannte ihn einen „politischen und moralischen Luftikus“. Der stellvertretende SPD-Chef Wolfgang Thierse beklagte mangelndes Profil und fehlende Glaubwürdigkeit seiner Partei, warnte aber vor einer neuen Personaldebatte. Für zusätzliche Unruhe in der SPD sorgt der Streit über eine Wiederauflage der sozialliberalen Koalition auf Bundesebene.
In einem Beitrag der Welt am Sonntag warf Apel Lafontaine vor, statt eine politische Strategie zu verfolgen, „opportunistische Eiertänze“ aufzuführen und lediglich „politisch absahnen“ zu wollen. „Das Problem ist Oskar Lafontaine“, schrieb Apel, der sich 1988 aus allen SPD-Ämtern zurückgezogen hatte. Sicher sei er ein begnadeter Demagoge. Die SPD brauche aber einen Mann wie Herbert Wehner und kein politisches Leichtgewicht.
Apel nannte als Beispiel die Haltung der Sozialdemokraten zur Europäischen Währungsunion. 1992 habe die SPD ohne Wenn und Aber der Ratifizierung der Maastrichter Verträge zugestimmt. Als aber die Ängste der deutschen Sparer zugenommen hätten und klargeworden sei, daß eine deutliche Mehrheit die Deutsche Mark behalten wolle, „da meldeten sich Lafontaine und sein Gefolge von heute auf morgen zu Wort“, wetterte Apel. „Sie lehnten das Euro- Geld ab. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Politisch absahnen wollen sie.“
Thierse sagte im Deutschlandfunk, viele Wähler wüßten gar nicht mehr, warum sie SPD wählen sollten, wofür die Partei stehe, was ihr Konzept sei. „Das Bild der SPD ist diffus, ist unklar.“ Das sei die Hauptursache für die Einbußen bei den letzten Landtagswahlen. Die SPD müsse in Bonn deutlicher als Oppositionspartei auftreten, erklärte Thierse. Weitere Gesprächsrunden zwischen den SPD- Landesministern und der Bundesregierung zur Lösung der anstehenden Probleme hält er für sinnlos. Es müsse klarwerden, „daß wir nicht hinter dem Rücken des Parlaments, hinter verschlossenen Türen mit der Bundesregierung kungeln.“
SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering wies unterdessen einen Vorstoß des rheinland- pfälzischen SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck zugunsten einer sozialliberalen Koalition in Bonn zurück. Er wandte sich gegen eine Koalitionsaussage vor der Bundestagswahl 1998. „Wir haben gesagt, alle demokratischen Parteien müssen miteinander können, und Rot- Grün ist eine Option für 1998, und das wird auch so bleiben“, sagte Münterfering im Saarländischen Rundfunk.
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