Bosnische Serben überstellen Kriegsgefangene

■ Muslime und Kroaten halten Ultimatum für Freilassung ein. UN-Friedensbeauftragter prüft serbische Beteiligung an Bosnien-Geberkonferenz

Pale/Tokio (AFP/AP) – Die bosnischen Serben haben gestern 18 Kriegsgefangene nach Pale gebracht. Die zwölf Kroaten und sechs Muslime seien nach einer entsprechenden Aufforderung des stellvertretenden Beauftragten für den Wiederaufbau, Michael Steiner, überstellt worden, sagte der Vorsitzende der Kommission für den Gefangenenaustausch, Dragan Bulajic. 16 der 18 Gefangenen sind nach Ansicht der bosnischen Serben Kriegsverbrecher.

Demgegenüber erklärte der Leiter der zivilen Friedensmission, Carl Bildt, gestern in Tokio, die Serben hätten sich „ganz klar nicht an das Ultimatum gehalten“, das die Freilassung aller Kriegsgefangenen bis Samstag vorsah. Deshalb müsse er dringend prüfen, ob die bosnischen Serben jetzt die Bedingungen für die Teilname an der Geberkonferenz erfüllt hätten.

Bereits am Sonntag hatten die Behörden in Pale Bildt Dokumente übergeben, die beweisen sollten, daß es sich bei 16 Gefangenen um mutmaßliche Kriegsverbrecher handelt. Bildts Büro in Sarajevo hatte jedoch erklärt, auch damit hätten die bosnischen Serben die Bedingungen für die Teilnahme an der Bosnien-Geberkonferenz noch nicht erfüllt. Von den 16 Dossiers beträfen nur 13 Gefangene, die beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) registriert seien.

Die Bosnien-Kontaktgruppe hatte bei einem Treffen in Moskau die Geberkonferenz am Freitag und Samstag in Brüssel an die Freilassung aller Kriegsgefangenen geknüpft. Kroaten und Muslime hatten daraufhin in der Nacht zum Samstag 46 Kriegsgefangene auf freien Fuß gesetzt und Dossiers über weitere 22 Gefangene vorgelegt, denen Kriegsverbrechen vorgeworfen werden.

Bei der von der Weltbank und der Europäischen Union organisierten Konferenz sollen für dieses Jahr noch rund 1,2 Milliarden Dollar (rund 1,8 Milliarden Mark) Wiederaufbauhilfe für Bosnien organisiert werden.

Die Bosnien-Friedenstruppe Ifor hat trotz Informationen über Schändungen von Massengräbern zur Beseitigung von Beweismaterial keine Wachen abgestellt. Ein Ifor-Sprecher sagte, es gebe keine sicheren Beweise dafür, daß Leichen ausgegraben und weggebracht wurden.

Unterdessen ist in Bosnien erneut ein Bundeswehrsoldat verletzt worden. Der Offizier wurde am Samstag bei Arbeiten an einer Brücke 45 Kilomter nördlich von Mostar unter herunterfallenden Brückenteilen eingeklemmt. Nach Angaben von Bundeswehrsprechern erlitt der Soldat Quetschungen am linken Arm und am Brustbein. Er mußte in das Bundeslazarett nach Splitt geflogen werden.