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Hamburger Park-Fiktschän

■ Streit um eine Grünfläche am Hafenrand: Investoren-Schnitte oder Selfmade-Garten?

Politiker wollen Grundstücke zu Geld machen und achtgeschossige Bebauung erlauben, Anwohner wollen dagegen einen selbstgeplanten und selbstverwalteten Park. Wie das ausgeht, scheint kaum ein Rätsel, und man mag sich gleich resigniert anderem zuwenden. Damit es diesmal aber nicht so kommt, entwickelt der Hafenrandverein seit langem beachtliche Initiative und veranstaltet jetzt rund um das strittige Gelände am Pinnasberg zum vierten Mal eine Aktion namens Park-Fiction.

Vom Kinderhaus mit seinem Modell samt Heckenlabyrinth und Rutschenturm bis zur repolitisierten Künstlergeneration engagieren sich die Anwohner für ein kleines Stück grünes Utopia. Nach Straßenfesten und Umfragen, Vorträgen über die Historie der Gartenkultur und den aktuellen Umgang mit Grünräumen im niederländischen Arnheim im letzten Jahr wird jetzt zur Zeit der ersten sprießenden Grasspitzen mit parkbezogener, internationaler Kunst erneut für die Idee mobil gemacht und ein Diskussionsforum angeboten.

Es klingt ziemlich pathetisch, doch die Frage ist ganz einfach: Wem gehört die Stadt? Bewohnern oder Investoren? Und mit welchem Recht wird eigentlich in immer stärkerem Maße öffentlicher Raum privatisiert? Bei dem „Fleetinsel“ etikettierten Innenstadtteil haben das viele gar nicht gemerkt, oder es hat sie nicht gestört. Im dichtest besiedelten St. Pauli ist das schon etwas anderes. Nach der Schließung der Baulücken in der Bernhard-Nocht-Straße droht der gesamte Geesthang geschlossen zu werden, der Blick von der Elbe auf die Stadtfront wichtiger zu sein als die Anbindung des Viertels an den Strom.

Dabei gibt die historische Bebauung die Öffnung zum Wasser bereits vor: Die Pastoratshäuser der 1820 wiedererrichteten Kirche, die der ehemaligen Vorstadt Hamburger Berg den Namen gab, sind pavillonartig rechts und links des Grundstücks gebaut, um die Blickachse auf den Fluß nicht zu behindern. Kann die Stadtregierung sich zur Nichtbebauung durchringen, wird die Kirche, die schon seit 15 Jahren gegen die Bebauung argumentiert, die Pastoratsgärten dem Park zuschlagen.

Es ist schwer genug, bauwütigen Investoren stadtplanerische Auflagen zu machen, doch mindestens da, wo der Boden bereits öffentliches Eigentum ist, kann eine Planung verlangt werden, die das Gemeinwohl über die Einzelinteressen stellt. Gestalten – nicht zubauen ist von den Verantwortlichen zu verlangen. Die dazu nötigen Argumente stehen schon längst wortwörtlich in den schlauen Broschüren der Stadtplaner. Und es ist immer gut, über den Tellerrand der FHH zu gucken: Man nehme sich nur ein Beispiel an skandinavischer Mitbestimmungskultur bei Bauprojekten im nicht allzu weit entfernten und ebenfalls seit Jahrzehnten sozialdemokratischen Kopenhagen. Hajo Schiff

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