: Manitous Heimkehr
■ Sozialdemokratische Seele begrüßt Hans Koschnick
Gerötete Gesichter, ärmeweise Blumen, stehende Ovationen – gestern hat die Bremer SPD den verlorenen großen Sohn wieder in ihre Arme geschlossen. Hans Koschnick ist zurück, der SPD-Unterbezirk Stadt hatte von einem Tag auf den anderen mobilisiert, und viel sozialdemokratische Seele war zusammengeströmt. Reichlich alte WeggefährtInnen, knorrige GenossInnen, ein paar Junge, ganz wenige Abgeordnete, keine SPD-SenatorInnen, kein Bürgermeister. „Das war ja auch eine Parteiversammlung“, sagte der Organisator, der Rechtsanwalt Waldemar Klischies. Eine gute Hundertschaft Partei wollte im Clara-Zetkin-Saal guten Tag sagen.
Es war eine Begrüßung im Eilzugtempo, ganz der normalen Sprechgeschwindigkeit des großen Manitus angepaßt. Koschnick war schon 20 Minuten zu spät und sichtlich abgehetzt ins DGB-Haus geeilt. Ganz so, als sei er immer noch in diplomatischer Mission zwischen Mostar und Brüssel unterwegs. Sollte er sich auf ein gemütliches Rentnerdasein gefreut haben – wie er es in den letzten Wochen immer wieder beteuert hat – gestern lebte er ganz das Gegenteil. Am Nachmittag war er aus einem kurzen Osterurlaub zurückgekehrt, und schon war es wieder Schlag auf Schlag gegangen. Halb drei: Begrüßung durch die Partei; drei: Besprechung mit der Arbeitnehmerbank des Vulkan-Aufsichtsrats. Nach einer Viertelstunde Partei wurde es dem gepriesenen „lieben Hans“ dann auch schon zu viel: „Nun laßt mich zu den Werftarbeitern gehen. Das ist wichtiger.“
Ex-Gesundheitssenator Herbert Brückner hatte reden dürfen. Die Beschwörung alter Zeiten und frischer Eindrücke von Koschnick in Mostar, das kam gut an. Unruhig wurde es erst, als der junge Genosse Joachim Schuster zu einem Parforce-Ritt durch die Geschichte des Balkan-Krieges hoppelte und nicht mit Kritik an der Bundesregierung wegen derer „verhängnisvollen“ Anerkennung Kroatiens und Sloweniens sparte. Das wollte niemand so recht hören. Koschnick reagierte milde, aber deutlich: Die Bundesregierung sei „nicht anzugreifen“, schließlich hätte der Bundestag der Anerkennungspolitik zugestimmt – bis auf 25 Abgeordnete, „darunter ich selbst. Aber laßt uns darüber auf dem Landesparteitag reden.“ Es pressierte, wegen der Werftarbeiter. Am Ende gab es dann noch ein Topfpflanze. Die mußte einer der beiden Bodyguards tragen. J.G.
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