: Kommt ein Fenster geflogen
■ Computer und Vorschulkinder? Findorffer Kindergarten macht einen zaghaften Schritt
Ist die Kiste da, ist das Problem da: Was tun, wenn schon Vorschulkinder ein hartnäckiges Interesse am Bürocomputer des Kindergartens zeigen? Wenn sie damit spielen wollen und ihren Eltern daheim von „fliegenden Fenstern“ (einem Bildschirmschoner von windows) und Mäusen mit Tasten erzählen? Was tun mit den eigenen Ängsten vor der „Kiste“ und erst recht mit den Berührungsängsten der Eltern gegenüber der neuen Technik?
Vor dem Problem steht der Kindergarten der Martin-Luther-Gemeinde in Findorff seit Anfang des Jahres, als für das Büro ein Computer angeschafft wurde. Computer und Vorschulkinder – das ist ein besonders heikles Thema: gestatten doch viele Eltern noch nicht einmal die Vorführung eines pädagogisch sinnvollen Videos. Der Leiter des Martin-Luther-Kindergartens, Axel Antons, will die Frage jetzt gezielt angehen. Er sagt: „Das Computerzeitalter beginnt schon im Kindergarten.“
Der erste Schritt ins Computerzeitalter: ein Computerkurs fürs Personal. Denn KindergärtnerInnen haben oft mehr Angst vor dem Computer als die manchmal schon einschlägig erfahrenen Kleinen. Axel Antons will in einem Grundkurs erst einmal klären: Was ist eine Festplatte? Was macht die Maus? Wozu braucht man Disketten. Dann wird diskutiert: über Computer und Erziehung?
Ob es dereinst eine „Computer-Erziehung“ im Kindergarten wird, ist die große Frage. Computer-Spiele für Kinder? Da schreckt Antons zurück: „Auf keinen Fall.“ Am liebsten möchte er den Kindern beibringen, daß die Kiste zum Arbeiten, nicht zum Spielen da ist. Immerhin: „Mal auf die Knöpfchen drücken – diese Erfahrung kann ich dem Kind schon geben.“ Und was ist, wenn sie mehr wollen? „Dann müssen wir das diskutieren.“
In Bremer Kindergärten ist diese Diskussion noch recht neu. 55 Kindergärten betreibt die Bremer evangelische Kirche hier, erst fünf haben überhaupt einen Büro-PC. Medienpädagogen haben aber festgestellt, daß sich die Kinder den Computer bereits allerorten mit großer Energie und Selbstverständlichkeit erobern. Über hundert Kinder-CD-ROMs sind inzwischen auf dem Markt, sog. „lebendige Bücher“ genauso wie Kinderlexika, Abenteuerspiele, Malprogramme und Schulbegleitmaterial. In Mode gekommen ist der Begriff „Edutainment“ - spielend Lernen.
„Natürlich kritisch“ nennt Axel Antons seine Haltung zu solchen Programmen. Er führt die bekannten Argumente ins Feld: die Kinder würden zugedröhnt statt sozial befähigt, ruhiggestellt statt zum Turnen animiert. Die ästhetische Entwicklung leide. Doch die Erfahrung zeigt: Wo die Kiste steht, sitzen irgendwann die Kleinen dran und spielen das „Tretminenspiel“. Eine unaufhaltsame Entwicklung, in der den Erziehern kaum etwas anderes übrigbleibt als vom ungezwungenen Umgang der Kinder mit der Materie zu lernen. BuS
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