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Von bayerischer Verfassung

■ Bei Gerhard Polts Auftritt im „Tivoli“ fehlten nur die Untertitel

Da sitzt dieses bayerische Urgestein auf einem Stuhl, die Arme verschränkt, die Mundwinkel nach unten, völlig regungslos. Daß sich neben ihm derweil die Biermösel Blosn mit zunftger Musi abmühen, geht ihm am Oasch vorbei. Er wartet lethargisch, um wenig später seine Empfehlung in Sachen Aufschwung Ost loszupoltern: „Warum soll man Solidarität immer zahlen, es langt doch, wenn wir den da drüben die Daumen drücken.“

Das ist schon einer, der Polt, Gerhard, kotzt aus, was andere sich nicht zu denken trauen. Freilich fehlten dem hanseatischen Publikum im Schmidt's Tivoli gelegentlich die Untertitel, wenn Polt von einer Stuhlhaxn, dem Stuhlbein, sprach, aber mit der Zeit gewöhnten sich die Fischköpfe an den dunkeldeutschen Dialekt. Was wäre das Kabarett, würde es diese Freistaat-Bastion des Konservativismus und Katholizismus nicht geben? Wo lohnt es sich sonst noch, über die verstaubten Ansichten der Politiker da droben und die bornierte Spießigkeit unten zu spötteln? „A good constitution means a bayrische Verfassung“, belehrt Polt als Gesandter der Hans-Seidel-Stiftung die Afrikaner. Er meckert über das Knäckebrot, das Kanzler werden wollte, freut sich, daß die Deutsche Bank aus dem Schneider ist, und mimt einen Hausbesitzer, der es für das Selbstverständlichste der Welt hält, eine Stereoanlage, ein Urinal und eine Espressomaschine in seiner Garage unterzubringen, in der die Fußbodenheizung natürlich auch nicht fehlen darf – und Fliesen, „wo man sagt: Hallo“.

Zwischendurch Musik von den Biermösl Blosn. In Süddeutschland sind die drei Brüder Well längst zu Helden der satirischen Volksmusik avanciert und machen a „100prozentige Tip-top-Gaudi“ mit allem, wos sich zupfen, quetschen und blosn läßt. Der Polt, Gerhard sitzt auf seinem Stuhl daneben, und Franz Joseph tät am liebsten Blitze schleudern auf diesen abtrünnigen Wiesnlästerer und Nestbeschmutzer, wenn er könnte, aber Blitze gibt es ja nur droben.

Michael Quell

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