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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenGeladen und verspottet

Journalisten und Politiker haben eine komplizierte Beziehung. Zwar wollen Journalisten was zum Schreiben, und Politiker wollen, daß über sie geschrieben wird. Doch trotzdem führt dieses eigentlich günstige gegenseitige Interesse in den seltensten Fällen zu dem von den Politikern erwünschten Ergebnis. Zwar schreiben die Journalisten, was das Keyboard hält, aber eben nicht das, was die Politiker gerne über sich lesen würden. Ein Beispiel aus dieser Woche:

Reinhard Hoffmann, Chef der Senatskanzlei von Henning Scherf, hatte es satt, immer Dinge von Leuten gefragt zu werden, denen er gar nichts sagen will. Da dachte er sich: Drehe ich doch den Spieß mal um und frage Journalisten, ob sie mir nicht was zu raten haben. Und zwar nicht irgendwelche, sondern ausgesuchte vier, und die lade ich dafür zum Essen ein.

Auch wenn die Sache diskret und ohne schriftliche Einladung von der Senatspressestelle geregelt wurde, bleibt im kleinen Bremen nichts geheim. Und so mußten sich die armen Vier von Radio Bremen, Weser-Kurier und AP schon am Tag zuvor die bedauernden Kommentare ihrer nicht geladenen KollegInnen anhören. Reinhard Hoffmann ist nämlich in diesen Kreisen bestens bekannt. Schließlich war er wohl schon Staatsrat im Bildungsressort, als die meisten JournalistInnen, die heutzutage Bremer Zeitungsseiten, Radio- und Fernsehminuten füllen, noch in den Windeln lagen. Bekannt ist also, daß Hoffmann – um es vorsichtig zu formulieren – nicht gerade zu den Stimmungskanonen unter Bremens Politikern zählt, ein Essen im dermaßen kleinen Kreis also einen eher weniger unterhaltsamen Abend verspricht.

So war es dann wohl auch. Einer der Geladenen muß es geahnt haben und tauchte am Hoffmann-Tisch im „Olymp“ im Schnoor gar nicht erst auf. Und die restlichen Drei versuchten eineinhalb Stunden lang vergeblich herauszufinden, was der Senatskanzlei-Chef eigentlich von ihnen will. Zu sagen hatte er nämlich nichts, und als persönliche Ratgeber wollten sich die Drei partout nicht engagieren lassen.

„Hast Du schon von Hoffmanns neuem Beraterkreis gehört?“, schallt es tags darauf über die Krabben-Salatbar in dem nicht nur wegen der guten Informationsquellen wärmstens zu empfehlenden Fisch-Stehrestaurant Bodes in der Bischofsnadel. Der da ruft gehörte nicht zu den Eingeladenen. Der Gerufene übrigens auch nicht. Also ist guter Spott billig. Hoffmann dagegen schiebt Trauer über das unerfreuliche Ergebnis seiner Bemühungen um die Journalistengunst. Politiker habens schon schwer mit der Journaille: Kein Wort über das Treffen in den Medien der geladenen und verspotteten Journalisten. Dafür eine gehässige Kolumne in der taz von einer, die gar nicht dabei war, nämlich von Ihrer

Rosi Roland

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