: Schlagen ohne Henry Maske
Gewalttätige Ehemänner würden ins Männerhaus gehen und ihre Frauen in Frieden lassen – doch die Tätertherapie will nicht einmal der Senat mitfinanzieren ■ Von Gereon Asmuth
In jeder dritten längerwährenden Beziehung kommt es irgendwann zu Gewalt. Jedes Jahr flüchten bundesweit etwa 40.000 Frauen vor ihren prügelnden Männern in eins der überfüllten Frauenhäuser. Dem eigentlichen Konfliktherd, den schlagenden Männern, wird jedoch kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Seit drei Jahren kämpfen Elvira Buchwald, Leiterin des Amtes für Gleichstellung in Mitte, und der Diplompsychologe Gerhard Hafner daher für ein Wohnprojekt für Männer. Hafner gründete zunächst den Verein „Mannsarde – gegen Männergewalt“ und bietet Beratungsgespräche und Antigewalttraining an.
Freiwillig kommen die Männer nicht zu ihm. Erst nach einer Trennung oder wenn die Frau ein Ultimatum stellt, finden die Schläger den Weg in die Beratungsstelle. Allzu häufig nutzen die Männer dann kleinste positive Wendungen, um die Gespräche abzubrechen. Elvira Buchwalds Erfahrung zeigt zudem, daß Trainingsprogramme wenig bringen, wenn der Mann in der häuslichen Umgebung bleibt: „Mindestens ein halbes Jahr sollte er aus der räumlichen Enge herausgenommen werden.“ Wenigstens einige der Konfliktbeziehungen hofft sie so stabilisieren zu können.
Das Wohnprojekt könnte in kürzester Zeit realisiert werden. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte hat einen Altbau angeboten. Mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband hat Elvira Buchwald auch einen Träger gefunden, der die notwendigen Gelder für die Sanierung aus Lottomitteln beantragen könnte. Der Verband würde einen Teil der Wohnungen selber nutzen.
„Da so ein Teil der Menschen kontinuierlich im Haus wohnen würde, käme Ruhe ins Projekt“, begrüßt Buchwald die Änderung des ursprünglichen Konzepts. Denn sonst drohe eine Stigmatisierung, die die Akzeptanz in der Nachbarschaft erschwere. „Auch für therapiewillige Männer wäre es schwieriger, sich zu dem Haus zu bekennen.“
Trotz der hoffnungsvollen Anfangserfolge fehlt jedoch immer noch die Projektfinanzierung. Zwar gab es eine positive Reaktion von der ehemaligen Bundesministerin für Frauen, Angela Merkel. Doch ihre Nachfolgerin Claudia Nolte schreibt nun, daß keine Förderung möglich sei. „Wir würden das Haus gerne als bundes- oder europaweites Modellprojekt fördern lassen“, meint Buchwald. Doch dafür müßte sich erst einmal der Senat grundsätzlich zu dem Projekt bekennen und eine Kofinanzierung zusagen.
Doch im Senat gibt es nicht einmal einen Ansprechpartner. „Wir wollen keine Konkurrenz zu den Frauenprojekten“, erklärt Elvira Buchwald. „Frauensenatorin Christine Bergmann haben wir bewußt nur um moralische Unterstützung gebeten.“ Wer Männerarbeit finanziert haben will, wird zwischen den einzelnen Verwaltungen hin und hergeschoben. Auch bei den Parteien fehle es an Zuständigkeit, beschreibt Gerhard Hafner seine Erfahrungen: „Bei den Grünen wurde ich an den Schwulenbeauftragten verwiesen.“
Die Gleichstellungbeauftragte machte sich daher auf die Suche nach privaten Sponsoren. „Im feinsten Zwirn bin ich bei einer Veranstaltung des Lions- und Rotary- Clubs aufgetaucht. Aber als ich von der notwendigen halben Million Mark erzählt habe, hat man auch dort mit den Schultern gezuckt.“ Um über die gewalttätigen Männer stärker in der Öffentlichkeit zu diskutieren, versuchte sie den Boxer Henry Maske zu gewinnen. „Schlagen ja, aber nur nach Regeln“, sollte das Kampagnenmotto lauten. Die Antwort seiner Agentur war eindeutig: „Wir wünschen Ihnen viel Erfolg, aber bitte belästigen Sie nicht mehr das Boxteam.“
Einziger Erfolg ist die Einrichtung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Neben der bisher ehrenamtlichen Beratung der Mannsarde, sollen sie auch einen Kostenvergleich zwischen Frauenhäusern und organisiertem Wohnen für Männer übernehmen. „Wir beschreiten Neuland und treten auf der Stelle.“
Anfragen von Männern, die bereit wären, in das Haus zu ziehen, muß Elvira Buchwald weiterhin zurückweisen. „Dabei wäre jede Frau, die nicht ins Frauenhaus muß, weil ihr Mann ins Männerhaus geht, ein Erfolg“, beklagt sich Barbara Kasper vom Sozialamt Marzahn.
Beratung für Männer bietet Mannsarde – gegen Männergewalt e.V., Tel.: 785 98 25 und 449 60 22
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