: Der schwarze Rauch war viel zu schnell
Einen Tag nach der Katastrophe am Düsseldorfer Flughafen suchen die Experten nach der Brandursache. Flughafenfeuerwehr hält Greenpeace von Analyse des Qualms ab ■ Aus Düsseldorf Klaus-Peter Klingelschmitt
Airport Düsseldorf am Tag nach der größten Brandkatastrophe in der Geschichte der zivilen Luftfahrt in der Bundesrepublik Deutschland. Polizisten und Feuerwehrmänner schützen sich mit Gasmasken vor der immer noch die Atemwege angreifenden, rußgeschwängerten „Luft“ in der völlig ausgebrannten Abflughalle. Die Spezialisten in ihren Plastikanzügen suchten auch gestern noch den verkokelten, durch die Hitze aufgewölbten Boden im Terminal nach weiteren Hinweisen auf die Brandursache ab. Andere haben sich durch die Decke der ersten Parketage gearbeitet, zu den Kabel- und Lüftungsschächten über dem eingeschossigen Gebäudekomplex. Dort soll der verheerende Brand ausgebrochen sein: nach Funkenschlag bei Schweißarbeiten auf der Zufahrt zum ersten Parkdeck.
Nichts, was elektrisch oder elektronisch betrieben werden muß, funktioniert mehr im Abflugbereich des Düsseldorfer Flughafens. Bis auf die Kassenautomaten der Parkhäuser. Zum Ärger der Gaffer, die mit ihren Autos die Zufahrtsstraßen verstopfen. Vor den Absperrungen der Polizei haben viele ihre ganze Familie versammelt, um einen Blick auf den „Ort des Grauens“ werfen zu können. Katastrophen- statt Ferntourismus.
Sechzehn Menschen starben auf dem Düsseldorfer Flughafen am Donnerstag elendiglich an Rauchvergiftung. Fahrstühle und Toilettenanlagen waren zu Todesfallen geworden. Der Rauch sei „unter der Decke entlanggerast“ und habe sich „mit unvorstellbarer Geschwindigkeit ausgebreitet“, berichtete gestern ein Angestellter der Lufthansa. Die Abfertigungsschalter der deutschen Fluglinie sind zu einem monströsen schwarzen Klumpen zusammengeschmolzen. Aus sämtlichen Luftschächten kroch „das Zeug“ heraus. Panik sei ausgebrochen, sagt eine Mitarbeiterin der Flughafengesellschaft: „Da waren plötzlich Rauchschwaden. Wir haben uns Tücher vor den Mund gebunden und sind zu den Ausgängen gerannt.“
Doch die in den Fahrstühlen festsitzenden Menschen konnten nicht mehr fliehen. „Für die Eingeschlossenen kam jede Hilfe zu spät“, meint ein Einsatzleiter der Flughafenfeuerwehr. Andere Fluggäste, die in der Lounge zusammengebrochen waren, hätten dagegen von Rettungssanitätern und Polizisten durch die sofortige Anwendung von Wiederbelebnungsmaßnahmen gerettet werden können. Mehr als 50 Menschen lagen gestern noch mit zum Teil schweren Rauchvergiftungen in den Krankenhäusern.
Immer wieder müssen Polizeibeamte einzelne Gaffer, die die Absperrbänder ignorieren, zurückdrängen. Viel zu sehen gibt es ohnehin nicht im Terminal. Mit Notstromaggregaten leuchtet die Feuerwehr die Halle aus. Alles ist verwüstet: Decken- und Wandplatten sind herabgestürzt, die Sitzgruppen und die Verkleidungen der Abfertigungsschalter sind zu einer kaum noch zu erkennenden schwarzen Masse zerschmolzen. Nur ganz kurz dürfen die zahlreich anwesenden JournalistInnen sich das Ex-Terminal ansehen, denn noch immer ist die Atmosphäre unerträglich. Der ätzende Qualm steht noch im Gebäude. Und selbst im rund 100 Meter entfernt liegenden S-Bahnhof kann man ihn riechen. Auch dort hat sich schwarze Schlacke abgelagert, selbst das vierte Parkdeck über dem Flughafenterminal blieb nicht verschont.
Mitglieder von Greenpeace standen gestern „verärgert und enttäuscht“ vor dem Flughafengebäude. Sie hatten Meßgeräte und Atemschutzanzüge mitgebracht, um den Qualm analysieren zu können. Doch die Flughafenfeuerwehr verweigerte ihnen, nach einem ersten Okay am Vormittag dann doch den Zugang. „Da ist doch PVC verbrannt“, sagt einer der Männer von Greenpeace. Und PVC bedeute Dioxin.
Daß Kilometer von PVC-ummanteltem Kabel verbrannt sind, weiß auch die Flughafenfeuerwehr. Doch Dioxin, sagt einer der Einsatzleiter, sei „hier nicht das Thema“. Die Flughafenfeuerwehr habe selbst Messungen durchgeführt. Und die Ergebnisse? Dazu könne „zu diesem frühen Zeitpunkt“ noch keine Stellungnahme abgegeben werden. Die Greenpeace-Leute ziehen ab – zum Polizeipräsidium und zur Staatsanwaltschaft.
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