Rebellische Dörfer, sinkende Begeisterung

■ Drei Wochen vor der Fusionsabstimmung wollen Stolpe und Diepgen ab heute für die Länderehe werben

Mit einem „Aktionstag“ wollen ab heute die Regierungschefs von Brandenburg und Berlin, Manfred Stolpe (SPD) und Eberhard Diepgen (CDU), eine „Schlußoffensive“ für die Fusionsabstimmung am 5. Mai starten. Die gemeinsame Anstrengung scheint auch nötig zu sein: Nach einer neuen Umfrage gibt es in Brandenburg eine Mehrheit gegen die Fusion, während in Berlin die Jasager noch überwiegen.

Auf dem platten Land werden derzeit die ersten Gemeinden rebellisch: Sie wollen die Abstimmung boykottieren. Vier Gemeinden des brandenburgischen Landkreises Prignitz sowie die Kleinstadt Pritzwalk haben angekündigt, bei der Volksabstimmung nicht zur Wahl zu gehen. Die insgesamt 900 Einwohner zählenden Gemeinden Groß Welle, Garz, Tüchen und Messendorf mäkeln über einen nur zögerlichen Ausbau der Bundesstraße 107. Wie die Tageszeitung Der Prignitzer berichtete, bereitet die Gemeinde Groß Welle Straßenblockaden vor. In dem Ort stünden weder Abstimmungslokale noch Wahlhelfer für den 5. Mai zur Verfügung.

Auch sonst sinkt die Stimmung für die Fusion weiter: Laut einer Forsa-Umfrage unter 1.025 Berlinern und 1.007 Brandenburgern wollen in Brandenburg nur noch 27 Prozent (Juni 1995: 50 Prozent) für die Vereinigung stimmen, in Berlin nur noch 50 statt 63 Prozent. In Berlin wollen 35 Prozent gegen die Fusion votieren, in Brandenburg sogar 58 Prozent.

Zu der „Schlußoffensive“ zur Fusion hat der Regierende Diepgen (CDU) angekündigt, sich bei mindestens 50 Veranstaltungen persönlich sehen zu lassen und zusätzlich Ende April einen Fusionswerbebrief an alle 1,9 Millionen Berliner Haushalte verteilen zu lassen. Plakate, Zeitungsannoncen und Radiowerbespots sollen für die Länderehe werben.

Umweltsenator Peter Strieder (SPD) und sein Brandenburger Amtskollege Matthias Platzeck (SPD) werden heute diesseits und jenseits der Glienicker Brücke als „Zeichen der Verbundenheit beider Länder“ eine Ulme und eine Eiche pflanzen. Am 27. April macht Diepgen Ernst: Alle BürgerInnen mit dem Nachnamen „Berlin“ will er zu einer Informationstour nach Brandenburg an der Havel einladen. ill/dpa/ADN

Jeder Abstimmungsberechtigte müßte inzwischen laut Landesabstimmungsleiter seine Benachrichtigungskarte für den 5. Mai erhalten haben. Wer bisher keine Karte im Briefkasten fand, kann beim jeweils zuständigen Bezirkswahlamt nachfragen. Wer nicht weiß, wohin er sich wenden soll, kann den Landesabstimmungsleiter unter der Rufnummer 516 155 96 anrufen. Auch Briefwahl ist möglich.